Erinnerungen an die Kirmes im Saarland
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Text und Bild-Auswahl: Karl Presser
Die Kirmes war ein Volksfest, das an den
Tag der Kirchweihe erinnern sollte. Da deren ursprünglicher Termin aber oft in
Vergessenheit geraten war, feierte man die Kirmes meist in der Zeit zwischen Ostern und Oktober.
Außer dem Ausdruck Kirmes wurde in rheinfränkischen Orten des Saarlandes auch der Name Kerb gebraucht, an der östlichen Grenze zu
Rheinland-Pfalz auch Kerwe, und moselfränkisch hieß es Kirb, Kirf oder
Kirw. Die räumlichen Grenzen für diese Bezeichnungen waren aber fließend.
Dieses Bild von der Daarler Kirb hat Fritz Meyer aus St. Arnual gemalt. >
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Teil der Kirmes war häufig ein Markttag, den man Jahrmarkt nannte. In den größeren Städten fand die Kerb auch zweimal im Jahr statt, im Frühjahr als Ostermesse oder Ostermarkt und am zweiten Termin als eigentliche Kirmes. Diese Feste gab es nicht nur in dem jeweiligen Stadtzentrum, sondern man feierte auch in den einzelnen
Stadtteilen
eine Kirmes.
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Zum Beispiel galten für die Stadt Völklingen damals folgende amtliche Festlegungen:
Ostermarkt für die Gesamtstadt: von Ostersonntag bis
einschließlich Weißen Sonntag
Kirmestermine der Völklinger Stadtteile:
Wehrden: am 3. Sonntag nach Ostern
Fenne: am 13.
Juni, bzw. am darauf folgenden Sonntag
Fürstenhausen: am 1. Sonntag im Monat Juli
Luisenthal: am 3.
Sonntag im Monat Juli
Geislautern: am 15.
August, bzw. am darauf folgenden Sonntag
Stadtmitte: am 3. Sonntag im Monat September
(Herbstkirmes)
Farbfoto links: Kirmes in Völklingen vor langer Zeit
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In den Dörfern feierte man traditionell aber nur an einem einzigen Termin. Üblicherweise dauerte die Kirmes von Samstagabend bis Dienstag Abend, es
gab aber auch Orte, die bereits am Freitag mit dem Feiern begannen.
Zentrale Veranstaltung war meist der Kirmestanz am Samstagabend. Wo traditionell ein
Kirmespaar diesen Tanz eröffnete, wurden diese beiden im Saarland “der Hannes und es Lissje“ genannt.
Am Sonntag kamen die Verwandten zum häuslichen Kirmeskaffee zu Besuch. Dabei gab es zu essen und zu trinken, was immer man auftreiben konnte. Häufig fanden Kirmesumzüge zur Eröffnung statt - siehe Foto; es stammt aus dem Jahr 1954 und wurde auf dem Saarbrücker Rodenhof aufgenommen.
(Foto: Walter Barbian)
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Auf den größeren Festplätzen durften natürlich Fahrgeschäfte und allerlei sonstige Vergnügungen wie Los- und Schießbuden sowie Eis- und Verkaufsstände
nicht fehlen. Sie waren von Sonntag bis einschließlich Dienstag geöffnet.
Während des Krieges hatte es offiziell weder Kirmes- noch
Tanzveranstaltungen gegeben. Bereits 1948 wurde aber vielerorts schon wieder in
bescheidenem Rahmen gefeiert. Grund dafür waren sicher auch die Einführung des
französischen Franc am 20.11.1947 als neue Währung und die damit verbundene Möglichkeit,
wieder in Gaststätten zu speisen und zu trinken. Organisiert wurden die Kirmesveranstaltungen oft von den ortsansässigen Vereinen.
In den Städten wachte das Ordnungsamt über den Ablauf. Wichtig war natürlich ein geeignetes
Gasthaus mit Saal. An seiner Fassade sah man oft an der Stelle, wo an
Fronleichnam die Kirchenfahne gehisst wurde, den bunten Kirmesstrauß. Er
bestand vorzugsweise aus einem jungen, bunt geschmückten Birken-Bäumchen.
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Oben: Kirmes Anfang der 1950er-Jahre in Dudweiler (Foto: Reiner Schwarz)
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(Foto: Karl Abel, Rohrbach)
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Die
Tanzwut war nach den Jahren des Tanzverbots während des Krieges wieder ausgebrochen.
Es spielte vielerorts, wie auch vor dem Krieg, eine Blaskapelle zum Kirmestanz
auf. Eigentliche Stars waren aber kleine Ensembles, die in den Nebenzimmern der
Gasthäuser Schlager spielen konnten. Die Musik war natürlich rein akustisch,
ganz ohne Verstärker, und ein wesentliches Instrument war neben dem Klavier,
das damals in fast jedem Wirtshaussaal stand, der große Bass, der zusammen mit
dem Schlagzeug den Rhythmus angab.
Fahrgeschäfte gab es zunächst, besonders auf dem Land,
kaum. Üblich war die Schiffschaukel, die man selbst mit Muskelkraft in Bewegung
versetzen musste. Die besondere Attraktion war stets eine Bauart, die einen
Überschlag zuließ.
Nach und nach wurden diejenigen Fahrgeschäfte wieder in Gang gesetzt, die den Krieg überstanden hatten. Das waren in erster Linie
Kinderkarussells mit Holzpferden, Berg- und Talbahnen mit Eisenrädern und
Riesenräder aus Holz. Preise für eine Fahrt auf dem Kinder- Karussel betrugen 5 Francs für Kinder und 10 Francs für Erwachsene.
Die Fahrgeschäfte hatten nur geringe Abmessungen. Es gab ja nach wie vor Transportprobleme. Auf- und Abbau
waren arbeitsintensiv. Die einzelnen Teile durften nicht zu schwer sein, sie
mussten ja alle von Menschen getragen werden. Das Material wurde auf vollgummibereiften Anhängern, den ‘‘Packwagen“ zum Ort der Kirmes befördert. Die Wohnwagen aus Holz waren in gleicher Weise
bereift und hatten meist Oberlichter.
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Gezogen wurden die Wagen oft mit alten
Lanz-Glühkopf-Bull- dogs oder Hanomag-Zugmaschinen, die den Krieg irgendwie
überstanden hatten. Auch ehemalige amerikanische Militärfahrzeuge fanden hierfür
eine friedliche Verwendung. Zivile LKW waren im Fuhrpark der Schausteller eher die
Ausnahme.
Die Kirmes auf den Festplätzen fand in den ersten Jahren
nach dem Krieg hauptsächlich bei Tageslicht statt. Die Beleuchtung der
Fahrgeschäfte nach Einbruch der Dunkelheit war eher schummrig. Anfang der 50er-Jahre
gab es dann wieder Glühlampen in ausreichender Zahl, und sie wurden zu Hunderten
auf der Kirmes in den bevorzugten Farben Rot, Gelb, Blau und auch Glanzweiß
eingesetzt. Mit dem ‘‘Lauflicht“ kam ein besonders beliebter Lichteffekt für
die Fahrgeschäfte in Mode.
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(Foto: Hanomag 460_buntbahn-de_3560Techniktage)
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(Foto:
Schausteller Krebs_historie_06a)
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Insbesondere bei den Autoskootern „wanderten“ an den Seiten innen oder auch außen am Dach scheinbar Lichtbalken entlang. Man verwendete darüber hinaus auch Bühnenscheinwerfer mit rotierenden Farbscheiben
davor. Eine angestrahlte Spiegelkugel sollte die Illusion von Schnee erzeugen, trugen die Berg- und Talbahnen doch Namen wie „Himalaya“ (siehe die Bilder hier rechts und weiter unten) oder “Weißer Blitz“. Heute leuchten dort
stattdessen mehrere Tausend LED-Lampen.
Musik aus Lautsprechern gab es, mangels geeigneter Technik, selten, und wenn es sie gab, dann klang sie sehr blechern. Das sollte sich erst mit der Verbreitung
der neuen kleinen Schallplatten aus Vinyl ändern. Sie waren unzerbrechlich,
hatten 17 cm Durchmesser und drehten sich mit 45 Umdrehungen pro Minute. Mit
den damaligen Röhrenverstärkern konnten allerdings noch keine hohen Lautstärken
erreicht werden. Stattdessen kam auf größeren Festplätzen häufig die
lauteste Musik immer noch aus einer transportablen
Kirmesorgel.
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(Foto: 8_onride-8_upic50356@640)
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Die Schausteller waren fast nur alt eingesessene Familien wie Dietz, Jockers, Pistorius, Sartorio, Sonnier, Spangenberger und andere.
Sartorio besaß bereits seit 1936 einen Autoskooter.
Er bestellte 1948 einen neuen beim Karussell-Bauer Mack in Waldkirch hinzu. Das Geschäft konnte so komplett in der französischen Zone abgewickelt werden.
Eine „Halle“, wie die Überdachung einer „Autobahn“ hieß (der Begriff Autoskooter war im Saarland damals noch eher ungebräuchlich), bestand je nach Größe der Fahrbahn aus 24 bis 36 Holzpfosten.
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Die Fahrbahn wird „Platte“ genannt. Der Aufbau des Fahrgeschäfts fand Stück für Stück abschnittsweise am Boden statt, Plattenelement für Plattenelement und, damit fortschreitend, in der Höhe Dachbinder für Dachbinder.
Bemalte und beleuchtete Dachrandverkleidungen waren bei dieser Bauart nicht unbedingt
vorgesehen oder wurden aus Zeitgründen erst gar nicht aufgebaut bzw. verfrüht wieder
demontiert.
(zwei Fotos: Sartorio_1947-Mack_Archiv Opitz)
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Die Fahrzeuge, natürlich aus Blech, stammten kurz nach dem Krieg teilweise noch von der Firma Mosebach und Sohn in Nordhausen. Sie hießen „Chaisen“, ein Wort, das man im Saarland nicht erklären musste, machte man doch als Kleinkind seine ersten Fahrten stets im „Scheesewähnche“. Der Ausdruck „Chaise" wird auch heute noch für diese
Kirmes-Fahrzeuge verwendet.
Die Stromversorgung der Chaisen erfolgte damals noch von oben über untereinander
leitend verbundene Gitterrahmen-Elemente aus Stahl, die an den Dachbindern der
Halle befestigt waren.
Ab etwa 1954 kamen die ersten Autoskooter mit sechs oder
acht Stahlsäulen auf den Markt. Die Dachkonstruktion konnte jetzt komplett am
Boden, oberhalb der Fahrbahn in Stehhöhe montiert und anschließend mit
Seilwinden hochgezogen werden. Auf- und Abbauzeiten waren so erheblich kürzer. (Foto: Archiv Distel image 1-3)
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(Foto:
archives
Chereau
canalblog)
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Die Chaisen wurden nun auch nicht mehr von oben über feste Gitterlemente und Stromabnehmerstangen mit recht breiten, gebogenen und federnden Blechstreifen mit Strom versorgt. Stattdessen gab es jetzt ein gespanntes Drahtnetz, ähnlich dem saarländischen “Hasendraht“, und dünne Drahtbügel. Den Fahrstrom erzeugte ein rotierender, regelbarer
Umformersatz, der, ebenso wie die komplette Stromversorgung und -verteilung für die Beleuchtung des Autoscooters, im Kassenwagen untergebracht war.
Die Fahrzeuge lieferte z.B. Reverchon aus Paris. Sie mussten daher nicht verzollt werden. Nach dem Tag X wurden sie meist durch solche der Gebrüder Ihle aus Bruchsal ersetzt. Beide Firmen existieren längst nicht mehr. Auch Chaisen italienischer Hersteller gelangten ins Saarland. Der anfangs der 50er-Jahre gegründete
Karussellbauer Bertazzon aus der Nähe von Venedig baut bis heute Chaisen und andere Fahrzeuge für Schausteller.
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Ein
Mechaniker arbeitet an der Unterseite einer Chaise.
Sie erinnerten damals mit ihrer Front auffällig an Alfa Romeo Autos. Auch die Firma Gebrüder Ihle machte stylistische Anleihen bei den „echten“ Automobilbauern (wie auf den beiden Bildern rechts zu sehen ist); sie empfand u.a. die „BMW-Niere“ an ihren Fahrzeugen nach.
Aufgrund der überschaubaren und einheitlichen Gleichstromtechnik können die Schausteller bis heute Chaisen unterschiedlicher Hersteller und verschiedenen Alters gleichzeitig einsetzen. Die Chaisen-Motore
waren drehbar und ohne Anschlag mit dem Lenkgetriebe zusammen in einer Art
Glocke im Fußraum eingebaut. So konnte man sie mit dem Lenkrad unendlich oft im Kreis drehen. Damit war eine einfache Fahrtrichtungsumkehr bei gleichbleibender Motordrehrichtung möglich.
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Geübte konnten durch Loslassen des fußbetätigten Fahrschalters und gleichzeitigem „Querstellen“ des Motors die Chaise sogar bremsen. Längere Rückwärtsfahrten wurden allerdings von den Schaustellern nicht gerne
gesehen, da sie fast immer zu Zusammenstößen führten. Deshalb baute man später Anschläge für die Lenkung ein, die eine Geradeausfahrt nach hinten unmöglich
machten.
Die Gleichspannung für die Fahrmotoren und damit die
Geschwindigkeit der Chaisen konnte zwischen 50 V und maximal 110 V eingestellt werden. Deren Leistung war mit 0,75 kW, also einem PS, relativ gering.
Gegen Abend ging es bei Hochbetrieb meist mit der Höhe der Gleichspannung - und damit auch mit der Fahrgeschwindigkeit - aufwärts, mit der Fahrtdauer dagegen
abwärts. Dann dann fuhren nur noch Jugendliche und Erwachsene. Kirmesbesucher konnten
bisweilen abends in den kurzen Fahrtpausen kein freies Auto ergattern, so beliebt
war dieses Vergnügen.
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In Völklingen diente der obere Marktplatz (Hindenburgplatz), über Jahre hinweg als Ort für die Kirmes.
Dabei standen sowohl bei der Oster-, als auch bei der Herbstkirmes jeweils gleich drei große Autoscooter von Sartorio, Spangenberger und Jockers unmittelbar nebeneinander.
Dieses Foto zeigt einen Jockers- Autoscooter.
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Die Fahrkarten waren aus Pappe; sie wurden anfangs vor oder während der Fahrt vom auf der Fahrbahn herum-tänzelnden oder auf dem Gummiwulst der
Fahrzeuge hinten stehend mitfahrenden Personal eingesammelt. Dieses hatte auch die Aufgabe, nicht besetzte Chaisen abzuräumen und an den Schmalseiten der Autobahn, vorzugsweise vor der Kasse, zu parken.
Chipautomaten für die Fahrzeuge kamen erst später in den 60er-Jahren zum Einsatz. Mit ihnen konnte die Standzeit zwischen den Fahrten erheblich verkürzt und der Personalaufwand
reduziert werden. Ein wichtiges Instrument des Besitzers, der sich an der Kasse
mit seiner Frau abwechselte, war eine große mechanische Stoppuhr, die die
abgelaufene Fahrzeit der jeweiligen Tour anzeigte und damit das Signal zum Ende
der Fahrt lieferte.
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Das Personal an der Kasse war auch zuständig für die Musik- auswahl per Schallplatte. Es ertönten nicht nur Freddy oder Caterina
Valente mit deutschen Schlagern, sondern auch amerikanische oder sogar
französische Rock‘n‘Roller auf der Kirmes, die damit zu einem Vorläufer der Disco wurde.
Eine Baureihe von Berg- und Talbahnen des Herstellers Mack erhielt, wahrscheinlich deshalb, den passenden Namen „Musik-Express“. Von diesem Typ sollen etwa 200 Fahrgeschäfte gebaut worden sein. Auch die saarländische
Ausführung hatte meist auffällig große Lautsprecherboxen unter der Fahrbahn versteckt. Sie wurden eingespeist von einem in seinen Abmessungen riesigen, vergitterten und innen orange glimmenden Röhrenverstärker im Kühlschrank-Format,
der auf dem Boden des Kassenhäuschens stand.
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Neue Fahrgeschäfte aller Art wurden zunächst auch in Frankreich beschafft, z.B. bei André Chéreau aus Angers. Eine seiner Berg- und
Tal-Bahnen wurde, mehrfach umgebaut und neu bemalt, erst 2016 eingemottet. Ihre
ursprüngliche Herkunft war später, wegen der vielen Veränderungen, nur noch für Eingeweihte zu erkennen.
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Charakteristisch für die dort gebauten Fahrgeschäfte war deren filigraner Stahlbau und die dem französischen Zeitgeist
entsprechende, meist rein geometrisch ausgestaltete Lackierung.
Eine neue Attraktion der 50er-Jahre stellte der Pressluftflieger dar. Der Fahrgast konnte jetzt erstmals nach eigenem Willen die Höhe erobern.
Konstruktiv interessant für die Schausteller war er, weil sein Zentralteil mit Drehantrieb und Hubzylindern für die Ausleger komplett und ohne Verkleidung sichtbar auf einem Anhänger aufgebaut war. Da sie kein Dach hatten, konnte
man diese Fahrgeschäfte gut transportieren und flott auf- und wieder abbauen.
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Auf der Kirmes gab es auch stets zahlreiche altbekannte Attraktionen wie Los- und Schießbuden. Typisch waren außerdem große Speiseeis-Wagen mit drei
oder mehr rotierenden Eismaschinen. Darin wurde auch eine ganz spezielle Sahne
hergestellt, die feine Eispartikel enthielt und so nur auf der Kirmes zu kaufenwar.
Das Eis wurde nicht als Kugel portioniert, sondern in großen oder kleinen Waffel-Tüten verkauft. Deren Befüllung erfolgte “freihändig“ mit einem hölzernen Spatel. Kinder
und Eltern beobachteten genau, welcher Eis- verkäufer offensichtlich die größte
Portion Eis in die Tüten füllte, und stellten sich dann natürlich nur bei ihm
an.
Stände oder Wagen mit allen nur denkbaren bunten Bonbons und
Lutschern, Schokolade, Lebkuchen und gebrannten Mandeln gehörten ebenso zur
Kirmes wie die unvermeidlichen Rostwurstbuden mit Holzkohlengrill.
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Kirmes in Dudweiler Anfang der 1950er-Jahre
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Es gab darüber hinaus ganz spezielle Attraktionen in Schaubuden.
Das waren Kirmeswagen mit hinten angebautem Zelt. Darin konnte man Attraktionen
wie etwa die „Frau ohne Unterleib“, Zauberkunststücke und andere Illusionen bestaunen.
Auf die Vorstellungen machten Anmacher, Rekommandeure
genannt, aufmerksam. Beliebt war auch eine Vorführung unter Verwendung einer
Leuchtstoffröhre, die beim Berühren eines nackten Körperteils einer Mitarbeiterin aufglomm.
Messerwerfen auf eine Dame, welche an einer rotierenden Scheibe festgebunden war, war ebenfalls ein Klassiker. Und es sei auch nicht verschwiegen, dass es damals auch Damen gab, die mit Messern auf „rotierende"Herren warfen!
Schiffschaukel auf der Kerb in Dudweiler in den 50er-Jahren >
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Losverkäufer trugen noch weiße Kittel und lockten mit dem Spruch „jedes Los gewinnt". Oft war der Hauptgewinn ein riesiger Teddybär, der auch rosa oder grün sein konnte. Ganz im Sinne der sich abzeichnenden Gleichberechtigung gab es nicht nur Bären zu gewinnen, sondern auch sehr große, sehr bunt bekleidete Puppendamen,
die in riesigen Kartons mit
Zellophan-Fenster in der Losbude ausgestellt wurden, ehe sie dann zum Hauptgewinn wurden.
Wer noch nicht genug hatte, aber noch Mut, konnte sich im
Inneren einer Boxschau vor zahlendem Publikum freiwillig verprügeln lassen.
Dabei schlug allerdings der als Herausforderer hochgelobte Boxer desVeranstalters, der stets als „großer Meister aller Klassen“ angepriesen wurde, mit Rücksicht auf sonst ausbleibende spätere Gegner nur selten hart zu.
Foto: Kirmes auf dem Völklinger Hindenburgplatz>
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Teil der Kirmes war, insbesondere in den Städten, ein
Markttag. Meist baute man am Morgen des Kirmes-Dienstags die Stände hierfür
auf. Im Angebot war alles Mögliche und Unmögliche, angefangen oben vom Kamm bis
hinunter zu den Schnürsenkeln. Im Angebot war stets eine ganze Palette annötigen und unnötigen Haushaltsartikeln.
Üblicherweise fand die Kirmes ohnehinauf dem Marktplatz statt. Für Saarlouis war das der Große Markt in der Innenstadt.
Die Landeshauptstadt Saarbrücken fand viel später, nach diversen Platzwechseln, ihren zentralen Kirmesplatz für etliche Jahre im Zentrum auf dem
ehemaligen Hafengelände vor der Kongresshalle. Neunkirchen hatte einen
eigenen Festplatz am Eisweiher, und in Völklingen befanden sich die
Fahrgeschäfte auf dem Oberen Markt, der ja jetzt nicht mehr Hindenburgplatz hieß
(siehe dazu auf unserer Seite Straßenumbenennungen unter Völklingen!). Die diversen
Buden und Stände wurden hingegen auf dem eigentlichen, gepflasterten Marktplatz
aufgebaut, auf dem mittwochs und samstags die Wochenmärkte stattfanden.
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(SZ vom 8. September 1950; danke an Torsten Gatzke)
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Das Bild rechts stammt aus dem Jahr 1948; es wurde auf dem alten Dudweiler Marktplatz aufgenommen, als dort gerade wieder einmal Kirmes war. Im Hintergrund ist ein Wohnwagen mit Schlafabteilen für das mitreisende Kirmes-Personal zu sehen.
Im Vordergrund tummeln sich fünf "Backfische" - so nannte man sie am Anfang der Fünfziger Jahre noch. Einige Jahre später hätte man sie als "Teenager" tituliert, so wie sie Conny Froboess, Peter Kraus u.a. zum Ende der 50er-Jahre in ihren Schlagern und Filmen besungen und dargestellt haben (siehe
dazu auch unsere Seite Starbesuche!)
(Vielen Dank für das Foto an Reiner Schwarz, Dudweiler!)
Es gibt sie noch heute, die Kirmes. Verblüffend ist, dass viele saarländische Schaustellerfamilien ihrem Gewerbe treu geblieben sind. Ihre Reisen gehen heute
oft über die Landesgrenzen hinaus. Ein moderner Zweisäulen-Autoscooter mit
Mittelbau-Wagen kann heute in nur zehn Stunden aufgebaut werden und macht
Fahrten über größere Entfernungen möglich. Bei einem Holzpfostenscooter aus den
50ern konnte man mit viel Mühe und Personal an zwei aufeinanderfolgenden
Wochenenden in unterschiedlichen Orten den Auf- und Abbau bewältigen. Diese
Arbeit bei den Schaustellern wurde gerne geschönt mit einem Schild „Junger Mann zum Mitreisen gesucht“ ausgelobt.
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Weiterführende Publikationen:
a) Ausführliche Materialien zum Thema Volksfeste gibt es auf der Homepage von Frau Dr. Margit Ramus: https://margit-ramus.de.
Dieses digitale Archiv beinhaltet darüber hinaus Informationen zu vielen saarländischen Schaustellern und beschreibt deren Fahrgeschäfte.
b) Kulturgut-Volksfest-Archiv von Margit Ramus: https://kulturgut-volksfest.de/
Diese Seite wurde erstellt am 12.10.2019 und zuletzt bearbeitet am 25.10.2019
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