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(Text: Karl Presser)
Die Glasherstellung war neben Kohle und Eisen & Stahl der dritte große Bereich der Industrialisierung an der Saar. Die ersten saarlän-dischen Glashütten entstanden um 1639 im Warndt, als sich französische Hugenotten dort niederließen, die die Kunst des Glasmachens beherrschten. Bis zu 23 Glashütten wurden
im Laufe der Zeit hier gegründet. Ein weiterer Schwerpunkt war die Gegend des
Saarkohlenwaldes zwischen Sulzbach- und Köllertal. Er erstreckt sich von Neunkirchen aus nach Südwesten bis nach St. Avold im französischen Nachbarraum. Während der "Saar-Nostalgie-Zeit", also nach dem 2. Weltkrieg, waren Glashütten nur noch an zwei Standorten im Saarland in Betrieb (siehe unten, neben dem zweiten Bild). Wir betrachten zunächst die Vorgeschichte seit dem 17. Jahrhundert.
Zur Herstellung von Glas benötigte man damals quarzhaltige Sände, Pottasche, die aus Holzasche "ausgelaugt" wurde, sowie Wasser und Holzkohle (zur Erzeugung
der Glasschmelze). Das in der Pottasche vorhandene Kaliumkarbonat diente dabei zur Herabsetzung
der Schmelztemperatur. Die Holzkohle wurde nach 1809 bei der Glasgewinnung durch Kohle ersetzt, und die Schmelzöfen beheizte man später mit Koks.
Die Glashütten stellten
hauptsächlich Flachglas her, das aus der Schmelze "gezogen" und überwiegend als
Fensterglas verwendet wurde, sowie Flaschen, die anfangs manuell, später
maschinell geblasen wurden. Ein bedeutender Produktionsbetrieb war die schon
1639 von Michael Wetzel gegründete Glashütte in St. Ingbert. Eine weitere
namhafte, international anerkannte Produktionsstätte war die ursprünglich von
der Familie Raspiller gegründete in Fenne.
Oben: Das Gelände der Fenner Glashütte im Jahr 1949; ganz links das Glasmagazin, daneben die Ofenhalle und rechts die Schleiferei
Daneben mischten auch weitere bekannte saarländische
Industriellenfamilien wie Schmidtborn, Karcher, Vopelius und nach 1935 durch Übernahme der Glashütte in Fenne sogar Röchling im Glasgeschäft mit. Villeroy & Boch betrieb seit 1843 in Wadgassen eine Cristallerie zur
Herstellung von edlen Glaswaren aus Bleikristall.
Wettbewerb und Mechanisierung sorgten im Laufe der Jahre dafür, daß sämtliche Familienbetriebe schlossen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm man lediglich an zwei Standorten die Glasherstellung wieder auf: In St. Ingbert durch
Vopelius-Wetzel für Flachglas und in Wadgassen durch V&B für Kristallglas.
Bild rechts: Fenner Glashütten-Arbeiter bei der Herstellung einer Glaskugel
(Beide Fotos oben: Sammlung Peter Nest)
1958 baute die St. Ingberter Glashütte (Bild rechts) ein neues Gemengehaus, das die Öfen
vollautomatisch mit der richtigen Mischung der Einsatzstoffe wie Sand, Soda,
Kalk, Dolomit und Feinspat beschicken konnte. Erzeugt wurden dort 450.000 Quadratmeter Flachglas pro Monat. Letztlich führte aber die marktbeherrschende Position einiger weniger Glaskonzerne in Europa dazu, dass das Werk 1975
stillgelegt wurde. Die Hallen wurden noch einige Jahre als Lagerhallen benutzt,
heute sind sie alle verschwunden. Nur die Gemarkungsbezeichnung "Pottaschwald"
erinnert noch an die Glasindustrie. (Foto: Ferdi Hartung)
Die Cristallerie in Wadgassen überlebte einige Jahre länger als Manufaktur.
Schließlich musste auch sie aufgrund des Marktdrucks durch Importe die
Glaserzeugung 1986 einstellen. Teile der Gebäude, auch des Hauptgebäudes, in
welchem sich einst die Schmelzöfen befanden, bestehen auch heute noch. Auch die zwischen 1904 und 1908 erbaute Glasmachersiedlung in Fenne ist teilweise noch erhalten.
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Schmitt, Armin: Denkmäler saarländischer Industriekultur.
Wegweiser zur Industriestraße Saar-Lor-Lux. 2. Auflage, Trier, Spee, 1995
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