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Diese Scheine
benötigten z.B. Betriebe, die Gegenstände aus Eisen oder Stahl
herstellten oder mit Eisenwaren handelten. Auch wenn man privat zum
Reparieren im Haus ein paar Eisenwinkel oder eine Handvoll
Nägel kaufen wollte, musste man dafür Eisenscheine mit der
entsprechenden Gewichtsangabe vorlegen.
Weitere
Beispiele: Als die Daimler-Benz AG nach dem Krieg mit der Produktion
des 170 V begann, wurden die Fahrzeuge zu Anfang nur an
volkswirtschaftlich wichtige Betriebe und nur gegen Abgabe von
Eisenscheinen verteilt. Auch die anderen Autohersteller mussten
Eisenscheine von ihren Kunden
fordern. Wollte z.B. ein Kraftdroschkenunternehmer ein neues Taxi
kaufen, musste er schon bei der Bestellung des Fahrzeugs eine bestimmte
Menge von Eisenscheinen abgeben. Man konnte sie beim Straßenverkehrsamt
anfordern, und wenn man Glück hatte, erhielt man auch welche. Wer ein
Kino betreiben
wollte, brauchte außer der Lizenz von den Militärbehörden auch
Bezugsscheine für Eisen, Holz und Leim. Sogar
wenn man in dieser frühen Nachkriegszeit nur eine Skibindung erwerben
oder selbst herstellen wollte, benötigte man dafür einen Eisenschein.
Da
neues Eisen in jenen schlimmen Zeiten so knapp war, versuchte man manchmal,
sich mit Alteisen zu behelfen - oft mit tragischem Ausgang: In
den 50er-Jahren brach im Raum Saarlouis ein Tanzsaal zusammen, weil
seine Betondecke in der Nachkriegszeit aus alten Eisenbahnschienen
hergestellt worden war.
Die im Nachkriegs-Saarland kursierenden Bezugsscheine wurden vom O.C.R.P.I. verausgabt,
dem "Office Central de Répartition des Produits Industriels". Für
Eisenscheine war innerhalb
dieses "Zentralbüros für die Verteilung von Industrieprodukten" die "Section des Fontes,
Fers et Aciers" (Sektion
Gusseisen, Eisen und Stahl) zuständig (siehe Aufdruck auf den hier abgebildeten Scheinen).
Die Aufschrift der Vorderseite lautet: "Billet de 100 kilos de produits sidérurgiques en acier ordinaire"
(Bezugsschein über 100 Kilo Eisen- und Stahlwaren in Normalstahl). Ein
Schein konnte zur Bestellung von Eisen verwendet werden, aber nur bis
zu dem aufgestempelten Datum. - Auf dem rechten Bild wird die Rückseite
gezeigt; sie enthält unten eine Warnung vor Fälschungen.
Die auf der Rückseite eingedruckte Abkürzung "CCETR" bedeutete: "Caisse Centrale d'Emission des Titres Répartiteurs", übersetzt etwa: "Zentralkasse für die Ausgabe von Bezugsscheinen".
Vielen Dank für Hinweise zu diesem Thema an Heinz Balling, Wolf Göhring (Bonn), Martin Schneider (Merchweiler) und Vincenzo Rizzo!
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2A
2) "Primes de Régularité" für Saarbergleute
(Regelmäßigkeitsprämien-Bezugsscheine 1946 bis 1948)
Die
"Primes de Régularité"
waren keine Geldscheine, sondern Bezugsscheine ausschließlich für die Belegschaftsmitglieder der saarländischen Kohlengruben. Die Militärregierung des Saarlandes (Gouvernement Militaire de la Sarre) und die Mission
Française des Mines de
la Sarre gewährten von 1946 an den Saarbergleuten zwei Arten von Prämien als Belohnung für ihr regelmäßiges Erscheinen zur Arbeit.
1) Vom 1. Juli 1946 an wurde der Untertage-Belegschaft der Saargruben (ab 1. Dezember 1946 auch der Übertagebelegschaft) eine Regelmäßigkeitsprämie in Höhe von 10 % ihres Brutto-Lohns gewährt.
Voraussetzung war jedoch, dass "sämtliche, jeden Monat anfallenden
Schichten verfahren" wurden. Wenn ein Belegschaftsmitglied in einem
Monat eine Schicht nicht antrat, also "feierte" - egal aus welchem
Grund
-, sank seine Prämie für diesen Monat auf 7,5 %, bei zwei Schichten auf
5 %, und ab 3 Feierschichten entfiel die Prämie ganz. Bezahlte
Krankfeierschichten und Urlaubsschichten sowie entschuldigte
Feierschichten wurden als ordnungsgemäß "verfahrene Schichten"
angerechnet. Die Regelmäßigkeitsprämien wurden den Bergleuten zusammen
mit dem Lohn in bar ausbezahlt und waren gemäß der Entscheidung der Verwaltungskommission des Saarlandes lohnsteuerfrei;
es mussten für sie auch keine Beiträge zur Saarknappschaft bezahlt werden.
2) Zusätzlich zu diesen Barprämien erhielten die Bergleute noch Regelmäßigkeitsprämien-Bezugsscheine
in Höhe von einem Drittel des Betrags ihrer Regelmäßigkeitsprämien. Zu
einer Prämie von z.B. 30 Mark kam also noch ein Bezugsschein im Wert
von 10 Mark hinzu. Vom 1. Oktober 1946 an erhielten
Untertage-Beschäftigte und ab 1. Dezember 1946 auch die
Übertage-Bergleute solche Regelmäßigkeitsprämien-Bezugsscheine,
die man auch "Deblockadescheine" nannte.
Damit
konnten sie für sich und ihre Familienangehörigen "notwendige
Verbrauchsgüter" kaufen, soweit sie auf dem Markt zur Verfügung
standen. Darunter waren Gegenstände für den persönlichen Gebrauch oder
Haushaltswaren der verschiedensten Art zu verstehen. Die Scheine
stellten keinen Geldwert dar und konnten nur in den Verkaufsstellen der
Genossenschaften und sonstigen Geschäften beim Einkauf wie Bargeld
eingelöst
werden. Sie wurden auch an Arbeiter mit festem Monatsgehalt und an die
gewerblichen Lehrlinge ausgegeben. Bis Ende Juli 1947 wurden so
Frauen-, Kinder- und Männer- schuhe sowie Haushaltungsgegenstände aller
Art im Gesamtwert von 1,1 Millionen Mark auf diese Bezugsscheine
abgegeben.
Die Regelmäßigkeitsprämien-Bezugsscheine gab es in den Wertstufen 0,50, 1, 2, 5 und 10 Mark (damit waren Reichs-Mark gemeint). Nach der Einführung der Saar-Mark im Juni 1947 lauteten die Scheine auf Saarmark (unten ab der 6. Abbildung!). Auf der Rückseite waren
jeweils die Gültigkeitsdauer und die ausgebende Stelle (Grube) aufgestempelt.
Alle Scheine hatten DIN A7-Format, waren also etwa 74
x 105 mm groß. Als Hintergrundmotiv diente bei allen Scheinen dasselbe
Bild mit der Darstellung bergbaubezogener Motive und dem
Schriftzug "GOUVERNEMENT MILITAIRE DE LA SARRE". Der Hintergrunddruck
war jeweils
einfarbig, aber die Farben wechselten je nach Wert des Scheins. Die
Druckfarbe der Schrift-Aufdrucke war Dunkelblau oder Schwarz. Außer der
Bezeichnung "Prime de Régularité" (Regelmäßigkeitsprämie) war zu lesen:
"bon pour" (= "gut für", oder "Wert") und der Betrag mit Währungsangabe.
Literatur und Quellen: Saarbrücker Bergmannskalender 1948, Seite 24f. Heimatmuseum Wemmetsweiler (danke an Manfred Licht).
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Bei zwei Werten sind auch die dazugehörigen Rückseiten abgebildet. Die Abbildung des Scheins zu 2 Mark liegt uns leider nur als S/W-Fotokopie vor.
Die Abbildungen der Scheine wurden freundlicherweise zur Verfügung gestellt von http://www.numismondo.com,
vom Heimatmuseum Wemmetsweiler sowie von Michael Schoene, Pirna/Sächsische Schweiz.
3) Lebensmittelkarten und -marken
In den ersten
beiden Nachkriegsjahren herrschten Hunger und Not, Zerstörung und Elend, Verfolgung
und Angst vor Ausweisung. Hinzu kam noch die Sorge um
den Arbeitsplatz und wie es weitergehen sollte. (...)
Es ging um das Lebensnotwendigste und den Kampf um das
tägliche Brot. Statt der vorgesehenen 1250 Kalorien
für jeden Bürger (normal waren mindestens
2000 Kalorien am Tag) sind in den beiden Nachkriegsjahren
kaum 950 Kalorien pro Tag verteilt worden. Hiervon konnte
keiner satt werden. An Winterkartoffeln wurden zwei
Zentner pro Person zugeteilt. Da die Zuteilung von Brot
und Fett nicht ausreichte, ernährte man sich hauptsächlich
von Kartoffeln. Doch diese Zuteilung war in kurzer Zeit
aufgebraucht.
Die aus dem Sommer
1947 überlieferte Tagesration
eines Normalverbrauchers war wie folgt festgesetzt: 330 g Kartoffeln,
250 g Brot, 18 g Fleisch, 16 g Zucker, 12 g Teigwaren, 10 g Fett, 4 g
Käse, 4 g Kaffee-Ersatz und 4 Zigaretten. Ab und zu wurden noch andere
Dinge aufgerufen: Kindernahrungsmittel, Puddingpulver, sogenannte
Schwimmseife, Waschpulver oder eine Schachtel Streichholz. Eine
Abwechslung des Speisezettels war eine der seltenen Linsenzuteilungen.
Ein typisches Essen in dieser Notzeit war die tägliche Rappsupp, eine mit geriebenen rohen Kartoffeln verdickte
Wassersuppe.
(Egon Gross auf der Juni-Seite des Lebacher Historischen Kalenders von 2006.)
(Zum Thema "Essen kurz nach dem Krieg" siehe auch die Erinnerungen unserer "Ald Schwaduddel".)
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Lebensmittel
und sonstige Gebrauchsgüter mussten im Saarland (viele nannten es immer
noch Saargebiet) wie in den anderen Besatzungszonen rationiert werden. Zu diesem Zweck wurden Lebensmittelkarten an
die Bürger ausgegeben, um sicherzustellen, dass die wenigen vorhandenen
Güter gerecht und auf den jeweiligen Bedarf zugeschnitten
unter der Bevölkerungverteilt wurden. Alleinstehende erhielten deshalb
andere Mengen zugeteilt als Schwerkranke oder Familien mit Kindern.
Außerdem wurden die einzelnen Kartenempfänger je nach der Schwere ihrer
Arbeit in verschiedene Kategorien eingestuft. Man bekam
Lebensmittelkarten nur, wenn man eine Arbeit hatte. Und dies konnte man
z.B. durch Vorlage seiner Arbeitskarte nachweisen (Abb. rechts: Da die Karte im Januar 1947 ausgestellt wurde, ist als Staatsangehörigkeit noch "deutsch" eingetragen;
"Sarrois" kam erst im Dezember).
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Mit
den Lebensmittelkarten, in die die Personalien der Berechtigten
eingetragen wurden, konnte man die wichtigsten Nah- rungsmittel in den
vorgeschriebenen Mengen je Tag oder Woche beziehen. Wieviel man jeweils
für die Marken erhalten konnte,
wurde gemäß den gerade vorhandenen Beständen festgelegt. Man musste
in den
Geschäften
den Preis für Gekauftes bezahlen und zusätzlich die entsprechenden
Marken in der erforderlichen Höhe abgeben. Diese galten immer nur für
die aufgedruckte Art von Lebensmitteln, also z.B. für Milch, Butter,
Margarine, Pflanzenfett, Mehl, Brot, Eier, Fleisch, Salz, Zucker,
Kartoffeln, Bohnenkaffee, Kaffee-Ersatz, Tee usw.
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"Persönliche Bezugsausweis-Karten" wurden durch die Kartenstellen der Heimatwohnorte ausgestellt (Bild links).
Man musste sie vorlegen, wenn man Lebensmittelmarken beziehen wollte.
Diese Karte war im Juli 1948 in der Gemeinde Siersburg auf ein
achtjähriges Kind ausgestellt.
Auf der Innenseite (Bild unten) wurden die Marken eingeklebt und beim Einkauf der Waren einzeln abgerissen. Sie galten jeweils für ein Quartal.
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Für Zigaretten (siehe Raucherkarte unten) sowie
Kleidungsstücke, Kohlen und Treibstoff wurden Bezugsscheine
ausgestellt, die man mit einer ausreichenden Begründung beantragen
konnte.
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Auf
der rechts abgebildeten Raucherkarte für 1947 sind die beiden
Monatsabschnitte für November und Dezember noch unberührt, weil nach
der Einführung des Franken an der Saar am 20.11.1947 keine
Raucherkarten und -marken mehr benötigt wurden.
Kleine Anekdote zum Thema Raucherkarte:
Eine vor einigen Jahren verstorbene Bekannte des Autors, Helene Bier, war 1946
jugendliche 22 Jahre alt. Als sie damals mit ihrer Familie aus der
Evakuierung zurückgekehrt war, konnte sie - da sie über 18 war - auch
eine Raucherkarte bekommen. Sie sagte sich "Wenn ich schon eine kriegen
kann...", und ließ sich so eine Karte ausstellen. Danach kaufte sie
regelmäßig Zigaretten - obwohl sie eigentlich Nichtraucherin war. Sie
besorgte sich jedoch keine Lasso oder Rot-Füchsel, sondern nur blonde,
wie die Halbe Fünf. Und sie "paffte" nur und wurde deshalb nicht zur
Raucherin - es war für sie lediglich eine nette Abwechslung in der tristen
Nachkriegszeit.
(Mündlicher Bericht der Genannten vom 6.12.2012)
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Lesen Sie zu diesem Thema bitte auch auf unserer Seite Saar-Geld unter B 1!
Die Lebensmittelkarten und Ausweise wurden zur Verfügung gestellt von W.Bettinger, Rehlingen & dem Heimatmuseum Wemmetsweiler
Diese
Seite wurde erstellt 2010 und zuletzt bearbeitet am 11.5.2020
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