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Fotografen 1

 

 


 

In diesem Kapitel stellen wir bekannte saarländische Fotografen und ihr Werk vor, die ihre Karriere in der Nachkriegszeit begannen und die Saarländer mit ihrer fotografischen Arbeit begleiteten.

 

1)  Walter Barbian (hier unten)  2)  Paul Hartmann;  Geplant: Ferdi Hartung ( 2014), Julius Schmidt (2018), Erich Oettinger († 1963)

 


 

Walter Barbian (1919 - 2005)


Ein Bericht nach Notizen seines Sohnes Frank Barbian, Paris

mit Fotos von Walter Barbian (siehe Bild rechts) als Beispiele für sein Werk.

 

 

Walter Barbian wurde 1919 geboren. Die Fotografie war sein Leben, seine Berufung und sein Beruf. Schon in den ersten Tagen des 2. Weltkrieges gelingt es ihm, seine Leidenschaft zu verfolgen, die in seiner Jugendzeit mit selbst gebauten Lochkameras und Kontaktabzügen unter Sonnenlicht begonnen hatte, wie in den ersten Tagen der Fotografie. Als Luftaufklärer über der Nordsee fotografiert er britische Kriegsschiffe. Nach einem Abschuss treibt er zwölf Stunden im eisigen Wasser, bevor man ihn auffischt - die Negative hat er gerettet... Eines der ältesten Fotos im Archiv Walter Barbians zeigt Adolf Hitler 1936 in den Straßen von Saarbrücken.

 

Dreimal in Kriegsgefangenschaft, dreimal ausgebrochen kehrt Walter Barbian 1945 in seine zu 70% in Trümmern liegende Heimatstadt Saarbrücken zurück und dokumentiert hier die Zerstörungen und bald danach den beginnenden Wiederaufbau.

 

 


Wie kaum ein anderer verfolgte Walter Barbian in dieser für das junge Saarland so turbulenten Zeit das politische wie gesellschaftliche Geschehen. Er war mit seinen Kameras das Auge der kurzen saarländischen Autonomie nach 1947, und sein Fotoarchiv stellt das wichtigste visuelle Gedächtnis der Ereignisse dar, die später dazu führten, dass die Saarländer in einem Referendum
über sich selbst bestimmen konnten. Seine Bilder erzählen diese Geschichte ...

 

Sie zeigen, wie nach dem Kriegsende Blindgänger entschärft und Trümmer geräumt wurden, wie Kohle wieder gefördert, Hochöfen wieder entfacht und Eisen wieder gegossen wurde. Auf dem Foto links sieht man Gilbert Grandval bei der Grundsteinlegung zu dem neuen Rathaus in Saarlouis am 11.10.1951.

 

Als Ende 1946 die Zollgrenzen zwischen dem Saarland und dem übrigen Deutschland errichtet worden waren, zeigen Barbians Bilder saarländische Grenzschilder und französische und saarländische Zöllner, die gemeinsam die Grenzgänger kontrollierten. Als am 18. Dezember 1947 der Hitlergegner Johannes Hoffmann aus der Emigration ins Saarland zurückkehrte, begann Walter Barbian, ihn auf seinem Weg bis zur Volksbefragung am 23. Oktober 1955 mit seiner Kamera zu begleiten.

 

 Bild rechts:

Bei den regen diplomatischen Aktivitäten dieser Zeit war Walter Barbian immer hautnah mit seiner Kamera dabei. So war er auch mit von der Partie, als am 6. Februar 1950 eine Delegation unter der Leitung von Johannes Hoffmann zu Staatsvertrags-Verhandlungen mit dem Schnellzug nach Paris aufgebrochen ist.


Zu dem Bild unten erzählt Frank Barbian:

"Eines der Fotos hatte für meinen Vater eine besondere Bedeutung. Es ist das Bild von Johannes Hoffmann vor den Särgen der Rohrbacher Fußballer [siehe hier unseren Bericht über dieses schwere Unglück!]. Der Ministerpräsident wollte eine Rede halten und brach irgendwann haltlos in Tränen aus. Mein Vater war von diesem Moment so beeindruckt, dass er mir Jahrzehnte später sagte, dass er damals begriffen habe, welch grundlegend aufrichtiger Mensch Hoffmann war."

 

Neben vielen anderen Ereignissen fotografierte er auch die Semestereröffnung der Universität des Saarlandes, eine von den Franzosen initiierte Neugründung auf dem Gelände einer ehemaligen Kaserne.

 

Der Weg des Saarlandes zu einem selbstverwalteten, autonomen Land stand vor dem Hintergrund des Gedankens, das Saarland könne eine Brückenfunktion zwischen Deutschland und Frankreich und darüber hinaus für die europäische Integration übernehmen.

 

Als Robert Schuman auf der Suche nach einer Lösung des Saarproblems seine Visionen vom gemeinsamen Europa zuallererst am Beispiel Saarland Wirklichkeit werden lassen wollte, war Walter Barbian zugegen und dokumentierte die Ereignisse.

 

Die Projekte für die Saar waren in dieser Zeit vielfältig: Sitz der zu gründenden Montanunion sollte Saarbrücken werden, dann sogar Hauptstadt eines vereinten Europas, mit dem Saarland als europäischem Territorium. Walter Barbian fotografierte die kühnen Modelle des französischen Städteplaners Pingusson, ohne zu ahnen, dass er Jahre später in einem der wenigen realisierten Neubauviertel wohnen würde (nämlich in der Bruchwiese).

 

Als am 1. und 2. Februar 1953 während einer Sturmflut in Holland die Dämme brachen und Schouwen-Duiveland überfluteten, kamen Tausende ums Leben. Spontan hatte die saarländische Gendarmerie einen Hilfskonvoi zusammengestellt, an dem Walter Barbian zufällig vorbeikam. Er griff seine Fotoausrüstung, sprang auf und fuhr kurzerhand mit ins Katastrophengebiet.

 

 bild

Bild rechts: Dieses meisterliche Foto von Meister Rotte und Meister Conrad, die die letzten Hufschmiede von Saarbrücken waren, entstand wahrscheinlich in der Roonstraße.

 

Walter Barbian hatte inzwischen die saarländische Autonomie zu schätzen gelernt und sich den Europagedanken zu eigen gemacht.

Es wurde ein europäischer Status des Saarlands angestrebt. Hier- über sollte die Bevölkerung in einer Volksabstimmung entscheiden. Bei den Kundgebungen, die Walter Barbian auf beiden Seiten für die Zeitungen begleitete, kochten die Emotionen hoch: "Der Dicke muss weg!", das sah man bald massenhaft auf Aufklebern und Plakaten, die auf Wände und Wege gepinselt wurden - siehe auf unserer Seite mit den Aufklebern.

 

 

Der Dicke, das war Ministerpräsident Johannes Hoffmann, der für Angriffe oft unter der Gürtellinie zum beliebtesten Gegner der Heimatbund-Parteien wurde, ganz so, als ginge es nicht mehr um ein Statut, sondern um die Abwahl einer Person. Eine tiefe Abneigung gegen ihre propagandistischen Exzesse trennten Barbian von den deutsch-nationalen Parteien, und noch bis kurz vor seinem Tod beschimpfte er zuweilen deren damalige Agitatoren auf offener Straße. Walter Barbian stimmte schließlich für das Statut.

 

 

Am 28.7.1957 stattete Ludwig Erhard dem Saarland einen Blitz- besuch ab, um sich über die wirtschaftliche Lage zu informieren. Walter Barbian begleitete ihn auf seiner Tour vom Hauptbahnhof (Bild links; die alten Sandsteintürme am Empfangsgebäude standen damals noch) durch die Bahnhof- straße über den St. Johanner Markt und zurück zum Bahnhof.

 

ghjt

Die Saarländer begannen durchaus, die Geschichte ihrer Autonomie neu zu bewerten; ein bisschen Nostalgie war mit im Spiel, schließlich hatte man eine eigene Olympiamannschaft, eine Handballnationalmannschaft (deren Torhüter Walter Barbian war!) und eine sagenhafte Fuß- ball-Nationalelf. Am 28. März 1954 fand im Saarbrücker Ludwigsparkstadion vor 53.000 (!) Zuschauern das erste "innerdeutsche" WM-Duell statt. Hinter dem Tor saß der saarländische Pressefotograf Walter Barbian.

 

Barbian fotografierte für nahezu alle damals existierenden Zeitungen und Zeitschriften (und das waren erstaunlich viele: SVZ, Illus, Neue Zeit, SZ, Volksstimme, Sport-Echo, Sport-Welt, Sport-Express, Kicker, Der Hausfreund, Tele Bild mit Radio usw. (siehe unsere Seite Zeitungen und Zeitungsartikel). - Walter Barbian starb am 13. Dezember 2005.

 

   Gilbert Grandval auf dem Flugfeld St.Arnual. Links von ihm Minister Erwin    Müller und daneben, halb verdeckt, der damalige Sprecher der Saarländi-    schen Regierung und spätere TV-Auslandsreporter Peter Scholl-Latour.

  Dieses Foto zeigt den saarländischen Ministerpräsidenten   Hoffmann bei den Landtagswahlen 1952, die trotz Boykott-

  aufruf aus Bonn eine Rekordwahlbeteiligung erreichten.


 

Hinweis: Im April 2009 erschien das folgende Buch mit fast 400 wunderschönen Bildern des Fotografen Walter Barbian:

 

Bilder der Großstadt - Barbian belichtet Saarbrücken (1948-1965).

 

Näheres dazu finden Sie auf unserer Seite Buchbesprechungen, drittletzter Buchtitel.

 

 



Alle auf dieser Seite wiedergegebenen Fotos: Copyright Walter Barbian. 


Weitere Fotos von Walter Barbian finden Sie auf unserer Seite Saar-Franken-Münzen.

  

Mehr Infos über und Fotos von Walter Barbian finden Sie unter http://www.saarlandarchiv-walter-barbian.eu

 


 

 

Weiter zur Saar-Nostalgie-Seite über den Pressefotografen Paul Hartmann

 

 


Diese Seite wurde zuletzt bearbeitet am  29.11.2020

 

 

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