oben
1) Ein
faszinierendes Medium wird geboren.
In Deutschland wurden die ersten öffentlichen Fernsehsendungen
schon in der
Zeit des Dritten Reiches ausgestrahlt, und zwar von 1935 bis 1940. Während des Krieges sind Fernsehübertragungen in der Heimat
nicht mehr für Unterhaltungsprogramme genutzt worden, sondern nur noch zu
militärischen Zwecken. Auch die Franzosen hatten bereits etwa 1935 mit
dem Fernsehen begonnen. Beim Einmarsch der Deutschen in Paris
im Jahr 1940 zerstörten sie aber noch schnell ihren eigenen Sender auf dem Eiffelturm.
Die Nazis reparierten ihn jedoch und strahlten vom 29. September 1943 an ein deutschsprachiges Programm für die Wehrmacht in
Paris in der damaligen deutschen 441-Zeilen- Norm aus. Es
richtete sich u.a. an ihre Soldaten im Kriegslazarett.
Während
die Franzosen bei Kriegsende schon kurz nach der Befreiung von Paris im August 1944
wieder mit eigenen Fernseh- Sendungen begannen, musste man in Deutschland
nach dem Krieg bis Mitte 1951 warten, bevor hier wieder
TV-Versuche auf
regionaler Ebene stattfinden konnten.
Schließlich begann in der Bundesrepublik die am 9. Juni 1950 gegründete
ARD erst gegen Ende 1952 ihre bundesweiten täglichen Sendungen.
Im Saarland wollte man nun
ebenfalls gerne ein eigenes Fernseh- Programm ausstrahlen. Erste Pläne zur Einrichtung eines solchen Saarländischen Fernsehens entstanden 1951/52. Bei der
Stockholmer Wellenplankonferenz für UKW und Fernsehen im Jahr 1952
vertrat die französische Postverwaltung das Saarland. Den westdeutschen Sendern wurden die Kanäle E5 bis E12
im Band III zugewiesen; dem Saarland teilte man den französischen Kanal
F1b im Band I zu. Dessen Bild- und Ton-Frequenzen entsprachen etwa denjenigen
des deutschen Kanals E2.
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Bild oben: So sah das Testbild von
TELESAAR aus.
Um ein Foto der Ludwigskirche herum waren einige Felder
und Kreise mit Zahlen platziert, mit deren Hilfe man verschiedene
Parameter des Fernseh-Bildes messen und einstellen konnte (zum Beispiel Helligkeit,
Kontrast, Auflösung, Geometrie usw.).
Damals wurde das Testbild
noch nicht - wie später meist - mit Hilfe eines elektronischen
Testbild-Generators erzeugt, sondern man filmte es mit einer Fernsehkamera von einer
Tafel im Studio ab -
siehe ganz unten auf dieser Seite im Anhang 2b, sechstes Bild!
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Zum Programm: Für den geplanten
TV-Sender im teilautonomen Saarland kam es aus politischen Gründen natürlich nicht in
Frage, die bundesdeutschen Fernsehsendungen zu übernehmen. Doch wie
konnte ein eigenes Programm für unser Land finanziert werden? Aus
öffentlichen Mitteln hätte man es auf keinen Fall bestreiten können.
Daher musste man auf private Geldgeber zurückgreifen. Diese standen
schon "Gewehr bei Fuß", und zwar in Frankreich (siehe nächsten
Abschnitt). So kam es dazu, dass der erste private
Fernsehsender Europas bei uns im Saarland eröffnet wurde -
und das schon Ende 1953! Er erreichte allerdings nur eine recht
überschaubare Zahl von Zuschauern, weil sich nur wenige Saarländer
damals schon ein Fernsehgerät leisten konnten... Und er sendete nur
viereinhalb Jahre lang!
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2) Die Entstehung des ersten
saarländischen Fernsehsenders
Wie in Deutschland und fast
allen anderen europäischen Ländern waren in Frankreich kommerzielles
Radio und Fernsehen verboten. Aber in einigen kleinen Staaten an der
Peripherie des Landes strahlten schon früh private Radiosender
ihre werbefinanzierten Sendungen in französischer Sprache aus: im Südwesten Frankreichs Radio Andorra, im Südosten Radio Monte Carlo
und im Nordosten Radio Luxembourg. Da sie alle mit hoher
Leistung auf Mittel- bzw. Langwelle sendeten, konnte man sie (besonders während der Nacht) in weiten
Teilen Frankreichs empfangen.
Den LW-Sender in Monaco
betrieb die dort ansässige private Holding-Gesellschaft Images et
Son ("Bilder und Ton"). Deren Hauptanteils- Eigner waren Prinz
Rainier III. von Monaco und der ehemalige Uhrenhändler
und Medienunternehmer Charles Michelson (er stammte aus
Rumänien, wurde aber oft als staatenlos bezeichnet). In den frühen
50er-Jahren bereiteten die Gesellschafter von Images et Son gerade den
Aufbau einer kommerziellen Fernsehstation in Monte Carlo vor, als sie
auch im Saarland geeignete Partner für ein solches Vorhaben
entdeckten. So beteiligten sie sich
dort an der Gründung der Saarländischen Fernseh AG, die am 16./17.
Mai 1952 über die Bühne ging. Es gelang ihnen, deren
Hauptaktionäre zu werden. Vorsitzender der Fernseh AG wurde Henri de
France, der auch Chef der französischen Firma Radio Industrie war
(siehe unten, im Anhang dieser Seite; Henri de
France entwickelte später das französische Farbfernsehsystem SECAM).
Ziel der AG war es zunächst, die Genehmigung für den Betrieb eines
privaten Fernsehsenders für das Saarland zu erhalten.
Am 18. Juni 1952 verabschiedete
der Saar-Landtag ein neues Rundfunkgesetz. Mit diesem
wurde die Rundfunkhoheit, die seit 1946 bei den Franzosen lag, auf das
Saarland übertragen. Außerdem legte man fest, dass in- oder
ausländische Gesellschaften Konzessionen zur Errichtung und/oder zum
Betrieb von Radio- und Fernsehsendern im Saarland erhalten konnten. Auf
dieser Grundlage wurde kurz danach der gerade entstandenen
Saarländischen Fernseh AG (siehe im Absatz oben) durch einen Vertrag mit
der Saarländischen Rundfunkverwaltung (welche den Mittelwellen-Sender Radio Saarbrücken betrieb) die
Genehmigung erteilt, eine kommerzielle deutschsprachige
Fernsehstation im Saarland aufzubauen und zu betreiben. Die Fernseh
AG sollte für die Finanzen, die Technik und das Programm des Senders
verantwortlich sein. Als Fernsehnorm wurde nicht die im übrigen Europa
(außer GB) verwendete Norm mit 625 Zeilen festgelegt, sondern die in
Frankreich übliche 819-Zeilen-Norm.
Kurz nach Abschluss dieses
Vertrages schlug der Generaldirektor von Radio Saarbrücken, Frédéric
Billmann, dem Ministerpräsidenten Johannes Hoffmann vor, der
Fernseh AG auch das Recht einzuräumen, parallel zu dem TV-Sender einen
ebenfalls kommerziellen Radiosender aufzubauen. Nur mit den
Werbeeinnahmen einer solchen Station könnten die hohen Kosten des neuen
Fernsehsenders aufgefangen werden, denn es würde mehrere Jahre dauern,
bis dieser eigene Gewinne abwerfe. Billmann war selbst als Aktionär an
der Fernseh AG beteiligt und wurde später ihr
geschäftsführenderDirektor.
Man kann vermuten, dass er
den Plan für einen zusätzlichen lukrativen Radiosender schon lange
vorher in der Tasche hatte, um ihn jetzt als unerlässliche
Finanzierungsgrundlage für den saarländischen TV-Sender vorzulegen. Als
weiteren Köder versprach er, Radio Saarbrücken einen neuen, stärkeren
(100-kW-starken) Mittelwellensender zu spendieren (dazu kam es aber nie; Näheres darüber auf
unserer Seite Rundfunkgeschichte,
am Ende von Abschnitt 2).
Foto rechts: Michael John, Holz. Siehe dazu
auch unsere Seite Radio- u. Fernsehgeräte aus sld. Produktion unter B!
Hoffmann erklärte sich mit
Billmanns Vorschlag einverstanden, stellte aber zur Bedingung, dass für
Radio Saarbrücken durch den geplanten neuen
Radiosender keine finanziellen Nachteile und keine
Störung des Betriebes entstehen dürfe, und dass die Fernseh AG sich
selbst um die Zuteilung einer Frequenz für diesen Sender kümmern werde. Kurz darauf wurde der Deal vertraglich
festgeklopft. Damit war auch die Grundlage für die Errichtung des
späteren französischen Langwellen-Reklamesenders auf saarländischem
Gebiet mit dem Namen "Europe No. 1" geschaffen (mehr darüber: siehe unsere Seite Europe No 1). Dieser ging im 1. Januar 1955 auf Sendung.
Von Billmann stammte
wahrscheinlich auch die Idee, den Sender Radio Saarbrücken in eine
Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) umzuwandeln. Und so wurde
am 24. Oktober 1952 die "Saarländischer Rundfunk GmbH"
gegründet. Unmittelbar danach schrieb man die zwischen der
Rundfunkverwaltung und der Fernseh AG abgeschlossenen Verträge auf die
neue SR-GmbH um und unterzeichnete sie am 30. Januar 1953
sicherheitshalber noch einmal neu.
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Nun wurde damit begonnen, den saarländischen Fernsehsender
in Saarbrücken aufzubauen. Bereits im Laufe des Jahres 1953
starteten die ersten Versuchs-
sendungen der neuen Station TELESAAR. Diese begann damit sogar schon eher als ein
anderer, bereits früher von der Images-et-Son-Holding geplanter
TV-Sender: "Télé Monte Carlo" nahm in Monaco seinen Betrieb erst
am 19. November 1954 auf. Das Fernsehen startete somit
im Saarland nur wenig später als in der Bundes- republik, allerdings mit
einer Station, die von französischen Geldgebern privat finanziert wurde!
Pressemeldung dazu >
In Deutschland
wäre die Genehmigung eines Privatsenders damals (und noch bis etwa
1984!) undenkbar gewesen. Deshalb führte diese Situation nach dem
Beitritt des Saarlandes zur Bundesrepublik am 1. Januar 1957 zu
heftigen politischen Turbulenzen
(siehe unten im Abschnitt 4: "Das Ende von TELESAAR").
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Die erste "richtige" Sendung von TELESAAR fand dann am 23. Dezember 1953 statt. Es war der 63.
Geburtstag von Johannes Hoffmann, und der Generaldirektor von Radio
Saarbrücken, Frédéric Billmann, gratulierte dem Ministerpräsidenten vor
laufender Kamera.
In dieser Auftaktsendung waren außerdem zu sehen:
Christa Adomeit als
Ansagerin, Fritz und Gerdi Weissenbach (damals noch Gerti
Palmer), Viktor Lenz und Sohn, das Schlager- Terzett "Die
drei Raben" und der Sänger Luitpold Ganther. Man sendete
auch einen Märchenfilm, einen Kurzfilm über Johannes Hoffmann und einen
Kulturfilm von Ernst Bingen über das Saarland.
(Es gibt leider keine Bildaufzeichnungen von den
Fernsehsendungen dieser Anfangszeit, weil die technischen Möglichkeiten
dazu damals noch nicht bestanden.) Danach folgten verschiedene weitere
Versuchs- ausstrahlungen, bis es ab 6. Juni 1954 tägliche
Fernseh-Sendungen mit einem Vollprogramm
gab. Die Sendedauer betrug etwa drei
Stunden pro Tag. - Mehr über das Programm von TELESAAR finden
Sie unten im Abschnitt 6.
TELESAAR wurde über einen 100-Watt-Sender vom Eschberger
Hof in Saarbrücken aus im Band III, Kanal F 7 (horizontale
Polarisation) in der französischen 819-Zeilen-Norm
ausgestrahlt. (Näheres dazu:
siehe unten im Abschnitt 3). Das Mini-Studio
war nur 58 qm groß und befand sich im Hause der Saarländischen
Volksfürsorge in der Dudweiler Straße 57-59, Ecke Richard-Wagner-Straße. Man
nahm dafür zwei Stockwerke in Anspruch, um besser mit den hohen und
sehr heißen Scheinwerfern (den so genannten Jupiterlampen) umgehen zu
können. Bild rechts: der Eschberger
Hof >
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Auf dem
Foto oben links sehen wir den Turm mit der TELESAAR-Sendeantenne am Eschberger Hof in
Saarbrücken (siehe auch Bild oben rechts). In dem Foto darüber sehen wir die
Richtfunkantenne, die auf dem Dach des Volksfürsorge- Hauses
Ecke Dudweiler Straße/Richard-Wagner-Straße angebracht war (dieses
ist auf dem Foto rechts abgebildet).
Rechts neben diesem
Anwesen erkennt man das Haus Richard-Wagner-Straße 58-60. Darin befindet sich noch heute der Sitz der "Europäischen Rundfunk-
und Fernsehgesellschaft mbH Europa 1". Diese ist übrigens auch die Hauptgesell- schafterin
der heutigen privaten saarländischen Radiostation RADIO SALÜ, deren Studios ebenfalls in diesem Gebäude untergebracht sind.
Die Bilder wurden in den 50er-Jahren von
TELESAAR-Mitarbeitern aufgenommen.
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Literaturangaben zu den
hier geschilderten Vorgängen finden Sie unten am Ende dieser Seite.
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Das Personal des
saarländischen Fernseh- Senders bestand z.B. im Jahr 1954 aus 28
Personen, 25 von ihnen waren Saarländer. Die Mitwirkenden vor und
hinter den Kameras und Mikrofonen waren überwiegend Radioleute, die man
schon vom Reichssender bzw. von Radio Saarbrücken her kannte. Viele von
ihnen arbeiteten jetzt sowohl für diesen Radiosender als auch für
TELESAAR.
Weitere Angaben zu einzelnen Mitarbeitern beim Fernsehen
finden Sie in unserer Tabelle weiter unten.
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< Das Stationsbild des saarländischen Fernsehsenders beinhaltete eine
Grubenlampe und die
Bergbausymbole Schlägel und
Eisen.
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Kurz nach der Aufnahme
des Sendebetriebs von TELESAAR wurde schon ab Mitte Mai 1954 Fernsehwerbung
ausgestrahlt, denn die Einnahmen daraus wurden
benötigt, um zur Finanzierung des privaten Unternehmens beizutragen.
Dieses sollte später einmal auch Gewinne abwerfen - dazu ist es aber nie
gekommen.
Die Vermarktung der Werbung
oblag der Radio-Reklame GmbH, die auch für die Rundfunkwerbung
bei Radio Saarbrücken zuständig war.
(Siehe hierzu auch unsere
Seite Radio Saarbrücken, Abschnitt 8)
Alle Bildschirm-Fotos:
Richard Kirst, Dudweiler |
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Inzwischen war auch der Bau
der Sendeanlagen für den kommerziellen Radiosender auf dem
Sauberg bei Felsberg-Berus in Angriff genommen worden. Er sollte sein mit Werbung finanziertes Programm - meist in französischer Sprache - ab 1. Januar
1955 auf Langwelle unter dem Namen Europe No. 1 ausstrahlen (der Name des Senders wurde 1983 abgekürzt zu
"Europe 1"; so lautet er heute noch).
Weitere Einzelheiten zu
dem Langwellen-Sender finden Sie auf unserer Extra-Seite über Europe No.1, auf welcher die Verknüpfung der
Entstehungsgeschichten von TELESAAR und Europe No.1 beschrieben werden.
3) Ausstrahlung und Empfang
des TELESAAR-Programms
|
Im Saarländischen Landtag wurde am 18. Juni 1952 ein Rundfunkgesetz verabschiedet, in dem für das Saarland die Übernahme aller
technischen Normen des französischen Fernsehsystems
festgeschrieben wurden. Es wurde also wie in Frankreich mit 819
Bildzeilen gesendet, und Bild und Ton wurden in AM ausgestrahlt.
Mit Fernsehgeräten, die nur
für diese Norm ausgelegt waren, konnte man deshalb im Saarland zwar TELESAAR und
das französische Fernsehen schauen, nicht aber das deutsche, das ja im PAL-System 625 Zeilen verwendete. Umgekehrt war TELESAAR
in der angrenzenden BRD mit einem normalen Fernsehgerät nicht zu sehen.
Nur mit teuren Mehr- Normen-Geräten (wie z.B. dem rechts abgebildeten)
konnte man beide Systeme empfangen.
Es gab im Saarland damals
insgesamt nur wenige Fernsehgeräte: ganz am Anfang etwa 100,
1954 ca. 700 und 1958 rund 4000. In fast jeder Gastwirtschaft stand ein Fernseher. Das günstigste Gerät auf
dem Markt war ein 819-Zeilen-Gerät von Sonora mit 36cm Bilddiagonale.
Es kostete etwa 60.000 Francs. Da man damals in der Regel nur ein
einziges Programm empfangen konnte, galt ein Kanalwähler bei diesen
Geräten als unnötiger Luxus. Falls doch eine Kanalwahl nötig war,
wurden einfach einige mitgelieferte Spulen ausgetauscht.
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Ein für das Saarland zur
damaligen Zeit besonderer Fernseher,
Marke Telemaster.
Es war ein Mehrnormengerät ("Mehrzeiler") und kostete
ca.125.000 frs. Foto: M.
John, Holz
|
TELESAAR sendete im
Band III auf Kanal F7 mit horizontaler Polarisation. Dieser
Kanal war auf der Stockholmer Wellenkonferenz nicht dem Saarland
zugeteilt worden, sondern Frankreich. Aber die RTF (Radio Télévision
Française) trat ihn für unser Gebiet an TELESAAR ab. So konnten
Fernseh-begeisterte Saarländer das TELESAAR-Programm in und um
Saarbrücken mit
geringem
Antennenaufwand auf diesem Kanal empfangen. Der in Stockholm dem
Saarland offiziell zugewiesene Fernsehkanal F1b im Band I (seine
Frequenzen überschneiden sich mit denen des Kanals E2), blieb vorläufig
ungenutzt (bis Januar 1957, siehe unten im Abschnitt 4).
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|
Mit größeren Antennen war
TELESAAR auch in weiter entfernten Höhenlagen zu empfangen. Die Geräte
und Antennen dafür konnte man z.B. im Raum Neunkirchen bei Radio Zeiler
in der Bahnhofstraße kaufen oder bei der Firma Maekel, Ecke
Hüttenbergstraße/Oberer Markt. Im Gastraum des Restaurants Burgkeller am Oberen Markt
stand ein Gerät, auf dem sich die Gäste den saarländischen TV-Sender
anschauen konnten, und auch in der Gaststätte "Beim Hör" in Haus
Furpach war ein Fernsehempfänger aufgestellt. (Mitteilung von J. Dippe.)
Über seine frühen
TV-Empfangserlebnisse berichtet Udo Burkhardt aus Neunkirchen:
"Ich habe dort bei der Fa.
Maekel von 1961 bis 1965 das Radio- und Fernsehtechniker-Handwerk
erlernt. Die alten Geräte, die Mitte der fünfziger Jahre gebaut wurden,
habe ich noch repariert, und ich kannte mich auf vielen Dachböden
Neunkirchens bestens aus. In Furpach, wo ich aufgewachsen bin, gab es
auch schon 1955 im Gasthaus "Zur Ewigkeit" (Ripplinger) ein
Fernsehgerät. Ich erinnere mich noch gut an den Bau der Antenne. Ein
Riesending! An manchen Stellen des Saarlandes, vor allem im Homburger
Raum, bekam man den Südwestfunk vom Sender Hornisgrinde auf Kanal 9
besser herein. Saarbrücken war dort schlecht zu empfangen. Das lag an
der senkrechten Abstrahlung des Signals (gemeint ist
die vertikale Antennen- Polarisation*), welche zwar die Reichweite
erhöhte, aber durch die vielen "Schatten" (Reflexionen) war kaum etwas zu erkennen.
Von der Hornisgrinde kam das Signal horizontal. Da war das Bild zwar
oft voller Grieß, aber man konnte von dem Geschehen auf dem Schirm mehr
erahnen." *)
|
Zu dem Bild: Solche und
ähnliche abenteuerliche Selbstbau-Antennen verhalfen den wenigen
Fernsehfreaks in den Anfangszeiten des neuen Mediums zum Empfang eines
einigermaßen erkennbaren Bildes. Diese beiden 21 m hohen freitragenden
Stahlmaste standen drehbar in Ensheim beim Haus des Direktors der
Saarländischen Röhrenwerke, Baumbach. Sie wurden schon 1953 aufgebaut,
um den Sender Feldberg im Taunus auf Kanal 8 zu empfangen. Die Antenne
soll aus 64 Elementen bestanden haben; bei Planung und Bau sollen
bekannte TV-Techniker wie Werner Rummel (Sbr.), Ernst Groß (St.
Ingbert) und Günther Krauß (Güdingen) mitgewirkt haben. (Foto u. Bericht: SZ 28.08.53)
Im Anhang ganz unten auf
dieser Seite finden Sie einen Bericht "So kann man sich irren" mit interessanten Details über die im Vorfeld geführten
Diskussionen bezüglich der im Saarland einzuführenden Zeilennorm
und dem damals
ebenfalls schon angedachten - aber noch lange nicht verwirklichten -
Farbfernsehen.
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3a) Im Saarland der 50er-Jahre empfangbare
Fernsehsender
Mit entsprechenden Empfangs-
und Antennenanlagen konnte man damals - je nach Wohnlage - folgende
Fernsehsender empfangen:
|
Programm
|
Sprache
|
Standort
|
kW
|
von - bis
|
Kanal
|
Norm
|
Bild (MHz)
|
Ton (MHz)
|
TELESAAR
|
deutsch
|
Saarbrücken - Eschberg
Felsberg
- Berus
|
0,1
3
|
23.12.53 -15.7.58
15. - 25.1.1958
|
F 7
F1b vert
|
E - 819
E - 819
|
177,15 pos.
52,40 pos.
|
188,30 AM
41,25 AM
|
Deutsches Fernsehen
|
deutsch
|
Saarbr.-Schwarzenbg. [1]
Saarbrücken - Eschberg (über
einen Zeilenumsetzer)
Göttelborner Höhe
|
0,1
0,1
100
|
1.1.57 mit Unterbre-
chungen bis Okt. 59
16.7.58 - Nov. 58
ab 15.10.1959
|
E 2 vert.
F 7
E 2 vert. *)
|
B - 625
E - 819
B - 625
|
48,25 neg.
177,15 pos.
48,25 neg.
|
53,75 FM
188,30 AM
53,75 FM
|
*)
Göttelborn ab 1976 horizontal
|
In
guten Empfangslagen waren (mit gewinnbringenden Antennen) auch zu
empfangen:
|
Deutsches Fernsehen
|
deutsch
|
Hornisgrinde
Gr. Feldberg im Taunus
Weinbiet (bei Neustadt)
|
80
10
30
|
ab 1954
ab 29.5.1953
ab Ende Mai 1953
|
E 9
E 8
E 6
|
B - 625
B - 625
B - 625
|
203,25 neg
196,25 neg
182,25 neg
|
208,75 FM
201,75 FM
187,75 FM
|
Radiodiffusion-Télévi-
sion Française (RTF)
|
französ.
|
Metz (Luttange)
Straßburg (Lauth) [2]
|
10
3
|
ab 1956
ab 1953
|
F 6
F 5
|
E - 819
E - 819
|
173,40
pos.
164,00
pos.
|
162,25
AM
175,15
AM
|
Télé Luxembourg
|
französ.
|
Dudelange
|
100
|
ab 23.1.1955
|
E 7
|
E - 819
|
189,25 pos.
|
195,75 AM
|
[1] Vom 6.1.57 bis
14.1.58 sendete man vom Schwarzenbergturm aus nur sporadisch, etwa 1x
pro Woche (Näheres darüber siehe unten im Abschnitt 4 "Das Ende von
TELESAAR"). Am 1.9.58 wurde seine Leistung von 100 W (= 0,1 kW) auf 2
kW erhöht.
[2] Der Sender
Straßburg-Lauth konnte an der Saar wahrscheinlich nur an sehr wenigen
Orten empfangen werden, da er sehr schwach war. Er wurde ab 1964 auf
demselben Kanal (F5) durch einen Sender in Straßburg (Nordheim) mit 50
kW ersetzt.
|
Tabelle: Rainer Freyer und
Karl Presser.
Quellen: Chronik der ARD
(http://web.ard.de/ard-chronik/); Wikipedia (Stichwörter: Namen
einzelner Sendeanlagen); die französische Zeitschrift Le HAUT-PARLEUR
vom 30. Oktober 1962 sowie
verschiedene Berichte aus der SVZ und anderen Zeitungen der 50er-Jahre
|
|
Über das Programm von TELESAAR:
Wie TELESAAR
seine Zuschauer informierte und unterhielt
|
Das tägliche
TELESAAR-Programm war in den ersten Jahren in zwei Blöcke aufgeteilt:
Der erste Teil lief von 17 bis 18 (später bis 19) Uhr mit Sendungen für
Kinder ("Kinderstunde" u. a. mit Tante Christa und Werner
Wiedemann: Basteln, Kasperletheater usw.), für Hausfrauen und
Mütter ("Magazin der Frau"), für Gartenfreunde und andere
Interessengruppen. Volkstümliche Konzerte wurden von Josef
Reichert präsentiert. Nach einer Sendepause begann dann das
Abendprogramm. In späteren Jahren lief das gesamte Programm ohne Pause
von 19 bis ca. 22.15 Uhr.
|
|
Um 20 Uhr sendete man jeden
Tag eine "Tagesschau" (diejenige des Deutschen Fernsehens lief
erst ab Oktober 1956 täglich!). Das meist aus Frankreich stammende Filmmaterial wurde ohne Ton, aber
mit Rohtexten, aus Paris geliefert. Auf der Basis dieser Texte schrieben
die TELESAAR-Redakteure im Laufe des Tages deutsche Kommentare zu den
Filmbeiträgen und nahmen sie auf Tonbänder auf. Diese wurden dann
abends parallel zu dem in Saarbrücken geschnittenen Filmmaterial
abgespielt. Vor
dem Sendeschluss, meist gegen 21:45 Uhr, wurde die Tagesschau live
wiederholt.
Dazwischen lief ab 20:15 Uhr
ein Spielfilm, eine Unterhaltungssendung (damals hieß es noch "Bunter
Abend") oder ein Sketch. Man produzierte aber auch schon eigene
Fernsehspiele, und die wurden natürlich immer live gesendet. Überhaupt
konnte alles nur "direkt" ausgestrahlt werden, zeitversetzte Sendungen
oder Wiederholungen waren nicht möglich, weil es damals noch keine
Geräte für eine magnetische Aufzeichnung (MAZ) gab.
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Da man Spielfilme in
der Anfangszeit des Fernsehens noch nicht elektronisch abtasten konnte,
musste man sie im Studio direkt von einem Filmprojektor aus auf die Aufnahmeröhre
einer Fernsehkamera projizieren. Deren Bilder gingen dann live
über den Sender; die Bildqualität war dadurch allerdings recht bescheiden.
Das TELESAAR-Programm wurde in den Tageszeitungen abgedruckt.
Es gab auch
eine saarländische Programmzeitschrift, TELE Bild mit Radio (mehr
dazu auf der Seite Radio Saarbrücken
unter
Programmzeitschrift).
Besonders in den ersten Jahren beschwerten sich Zuschauer häufig, weil
an vielen Tagen der Titel des Spielfilms, der abends auf TELESAAR
laufen sollte, nicht in der Programmvorschau der Tageszeitungen
erschien. Offensichtlich wurde meist ziemlich kurzfristig entschieden,
welcher Film im TV gezeigt werden sollte.
|
Sportsendungen spielten eine große Rolle bei TELESAAR. Wichtige
Fußballbegegnungen aus dem Ludwigspark und Kieselhumes, manchmal auch
aus dem Neunkircher Ellenfeld und anderen Stadien, wurden in der
Sendung "Und wieder rollt das Leder" live übertragen und
kommentiert. Da unser Sender nicht am internationalen Programmaustausch
der europäischen Fernsehanstal- ten teilnehmen durfte, konnte er keine
populären Sport-Ereignisse von außerhalb des Saarlandes übertragen.
Wer im Saarland die Spiele
der Fußball-WM 1954 sehen wollte, konnte in grenznahen
Gebieten mit Geräten, die für die deutsche Norm geeignet waren, die
ARD-Übertragungen genießen. Vielerorts wurden eigens dafür große
Antennenanlagen gebastelt, damit man einen der ARD-Sender empfangen
konnte (siehe Tabelle oben im Abschnitt 3). In manchen Gebieten
konnte man sich - je nach Lage - die Übertragung über einen Sender aus
Frankreich anschauen, natürlich nur mit französischem Ton. Für
diejenigen, die keine dieser Möglichkeiten nutzen konnten, wurden
Sonderbusse eingesetzt, um sie in grenznahe Orte der Bundesrepublik zu
fahren. Dort konnten sie die Spiele an den Fernsehern in Gaststätten
verfolgen.
TELESAAR berichtete auch über
Pferderennen aus Güdingen und Motorradrennen aus St. Wendel. "Catch as
catch can"-Kämpfe waren damals besonders in Frankreich beliebt, und
solche Veranstaltungen wurden auch im Saarland ausgetragen und im
Fernsehen gezeigt.
Für die
Sportberichterstattung im Studio und die Bekanntgabe der Tippreihen und
der Lottozahlen war u.a. Franz Duhr zuständig, der auch bei Radio
Saarbrücken die Sportergebnisse präsentierte (siehe
hier!).
Der Sender übertrug auch
Rosenmontagszumzüge, die Eröffnung der Saarmesse, die Ankunft von
Politikern am Saarbrücker Bahnhof oder auf dem Flugplatz St. Arnual,
den Empfang von Filmstars und anderen Künstlern im Saarbrücker Rathaus
usw. Aus der Wartburg und dem Johannishof wurden Veranstaltungen aller
Art gesendet. Für diese warb man oft im ganzen Land mit Plakaten.
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Bei Erwachsenen waren
Unterhaltungssendungen mit Variété- und Tanzdarbietungen sehr beliebt;
sie wurden meist aus der Saarbrücker Wartburg
übertragen. Eine davon hieß "Telecocktail" (Bild links) mit Heinz Schenk (der
später zum HR wechselte und im Ersten Deutschen Fernsehen in der Sendung "Zum Blauen Bock" den Mainzer Otto Höpfner ablöste und dort Karriere machte).
Eine andere TELESAAR-Sendung trug den Titel "TELEVARIETE"
(rechtes Foto). Dies war eine
beliebte Samstagabend-Sendung, deren Programm in der Hauptsache aus
Tanzvorführungen und Darbietungen von Musikern und Artisten bestand.
Die dabei dargebotene Erotik beschränkte sich etwa auf das, was man auf
dem Foto rechts sieht. Aber für die damalige Zeit waren Damen in
Dessous im noch jungen Fernsehen wohl noch eine recht "gewagte" Sache...
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Abb. rechts: Blick auf das
Abendprogramm in einer typischen Programmwoche von TELESAAR im Jahr 1955
In der Programmvorschau wird
für Samstag um 19:45 Uhr die Sendung "Tante Christa und die Fernsehsternchen"
angekündigt.
Auf dem Foto unten sehen wir die "Sternchen" mit dem
Märchenonkel von Radio Saarbrücken (Bildmitte).
Mehr über Tante Christa
und über den Märchenonkel finden Sie auf unserer Seite Radio
Saarbrücken unter Kinderfunk.
|
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Wöchentliche
Programmvorschau mit Roland Stigulinszky mit dem Titel: "Sie werden sehen - Stigs lustige Programmvorschau" >
Der bekannte saarländische
Zeichner und Karikaturist zeichnete ("Stig") von 1954 bis 1958 die
Programmvorschau von TELESAAR. Immer freitags um 19:40 stellte er das
Fernsehprogramm der folgenden sieben Tage vor. Das tat er vor einer
Staffelei, auf der er live lustige Zeichnungen zu den wichtigsten
Sendungen anfertigte. Im Bild rechts ging es zum Beispiel um eine
Koch- Sendung, die am darauffolgenden Samstag um 19:15 Uhr laufen sollte.
(Foto: Roland Stigulinszky)
Wenn ein Zeichenblatt voll
war, zog er es von der Staffelei ab und legte es zur Seite, um mit
einer neuen Zeichnung zu beginnen. Die fertigen Blätter müssen seine
Fernseh-Kollegen alle entsorgt oder mit nach Hause genommen haben, denn
zu seinem Bedauern findet sich heute keines mehr davon in seiner
privaten Sammlung.
Bericht von
Roland Stigulinszky am 30.4.2011; er vollendete am 29.
April 2020 sein 94. Lebensjahr.
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14-tägige
Rundfunk- und
Fernsehvorführung
in der
Bahnhofstraße
Mai/Juni
1952
In diesem Gebäude in
Saarbrücken
(Bahnhofstraße 54, Ecke
Rotenhofstraße)
fand eine etwa 14-tägige
Rundfunk- und
Fernsehvorführung von Radio Saarbrücken
und TELESAAR statt.
Foto aus dem Buch
"Saarbrücken wie es war 3"
von Karl August
Schleiden; Droste Verlag
Informationen über
dieses Gebäude finden Sie
auf unserer Seite Orte &
Gebäude unter Nr. 5.
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Leiter und Mitarbeiter bei TELESAAR:
|
|
|
|
Generaldirektor
|
Frédéric Billmann
|
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Bild und Dekor
|
Richard Kirst
Werner Kirst
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Personal- und kaufm. Direktor
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M. Favelier
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Leitender Ingenieur
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M. Legée
Ludwig Schüssler
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Tontechnikerin
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Ilse Laudenklos
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Tontechniker
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Otto Gerber
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1. Regisseur
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Günter Meyer
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Kameramänner
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Willi Raber
Fredi Ohnsorge
Elmar Schönecker
Ohm Wegener
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Regisseur
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Ramon Gill
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Regie-Assistent
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Siegfried Kohl
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Bildtechniker
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Horst Loch
Arthur Wilhelmi
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Sprecher
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O.K. Müller
Olaf Quaiser
Günther Stutz
u.a.
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Bild- und Film-Techniker
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Janni Karamontzo
Ehrhard Pröschel
Eduard Jung
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Ansagerinnen
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Christa Adomeit
Hedi Ballier u.a. (siehe auf dem Foto weiter oben)
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Beleuchter
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Rudi Dohn
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Zur Technik bei
TELESAAR
a) Der
TELESAAR-Übertragungswagen
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Als Fernsehübertragungswagen diente TELESAAR
ein umgebauter Omnibus.
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b) Fernsehkameras
von damals
Bild links: Solche
819-Zeilen-Kameras des Fabrikats Radio- Industrie) wurden in
den Studios von TELESAAR verwendet.
(Foto: SR)
Beide Bilder unten: zwei
etwas modernere Kameras der Fernseh-GmbH aus den frühen
60er-Jahren für das Regionalprogramm des Saarländischen Rundfunks (Fotos: R. Freyer, 2009 im
energis-VSE-Elektromuseum Illingen)
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Ernst Becker, ehemals
Toningenieur beim Radio (siehe >hier auf unserer Seite Wartburg),
erinnerte sich: Der Herr mit Brille, der auf dem Bild weiter oben links auf die
Kamera 2 deutet, war sehr wahrscheinlich sein Kollege Günter Meyer.
Meyer wirkte in der Wartburg
als Toningenieur im Hörspiel- Studio von Radio Saarbrücken mit und
moderierte auch eine Jazz-Sendung im Funk.
Später kümmerte er sich um
den guten Ton bei TELESAAR. Danach ging er nach Frankfurt zum
Hessischen Rundfunk und schaffte es dort bis zum Produktionsleiter.
Auch privat war er sehr "erfolgreich": Er heiratete eine Fernsehansagerin
vom WDR.
<Das Foto hier links zeigt
weitere Techniker in den Räumen von TELESAAR. Im Hintergrund hängt
halbrechts an der Wand das Testbild
von TELESAAR (siehe Abbildung ganz oben auf dieser
Seite!). Es wurde von hier aus mit einer Fernseh-Kamera abgefilmt und
dann gesendet.
Dieses seltene Farbfoto
muss bei einer Außenaufnahme von TELESAAR auf einem saarländischen Bauernhof
entstanden sein, also bei einer Veranstaltung "auf dem Land".
Links ist ein offener Lastwagen zu sehen, auf dessen Ladefläche
wahrscheinlich Techniker und Reporter sitzen. Daneben steht ein
Peugeot 203 mit dem Telesaar-Emblem auf der Tür.
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c) So kann man
sich irren: falsche Erkenntnis im Jahr 1951: "Farbfernsehen
geht nur mit 819 Zeilen"
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Als man im Saarland nach 1950
damit begann, erste Pläne für die Errichtung eines eigenen
Fernsehsenders zu schmieden, machten sich die Saar-Regierung und einige
französische Interessenten aus der Rundfunkindustrie ihre Gedanken über
die Fernsehnorm, mit der ein
zukünftiger saarländischer Sender arbeiten sollte. Die Norm legt z.B.
fest, aus wie vielen Zeilen das Bild besteht. Für die in Deutschland
geplanten Sender wurde 1948 eine Norm mit 625 Zeilen
festgelegt. Die meisten übrigen Länder Europas schlossen sich diesem
Standard an. Die Franzosen sendeten aber schon seit 1948 mit 819
Zeilen. Wenn man mit ein und demselben Fernsehgerät beide Normen
empfangen wollte, brauchte man ein Mehrnormengerät (im Volks- mund
"Mehrzeiler" genannt), der aber damals zuerst gar nicht und später nur
mit einem hohen Aufpreis zu haben war.
Die saarländische Regierung
musste sich nun für ein System
entscheiden. Den Franzosen war natürlich daran gelegen, ihre
819-Zeilen-Norm auch im Saarland einzuführen. Um die Saar- Regierung
von deren Vorzügen zu überzeugen, brachten sie Ende 1951 ein
merkwürdiges Argument ins Spiel - siehe Text rechts >>>
Der abgebildete Text ist
ein Auszug aus der Übersetzung eines Schreibens, das der damalige
Directeur Général der Firma Radio-Industrie
Paris, Henri de France, Ende 1951 an die saarländische Regierung gerichtet hatte.
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Was
hier die französischen und angeblich auch die amerikanischen Fachleute
noch 1951 als unumstößliche
Voraussetzung für eine künftige Farbübertragung im Fernsehen
propagierten, wurde schon in den sechziger Jahren bei der Einführung
des Farbfernsehens eindeutig widerlegt: Auch das französische
SECAM-Farbsystem verwendete ab 1967, genauso wie das deutsche PAL, 625
Zeilen; für den amerikanischen NTSC-Farb-Standard waren schon 1953
sogar nur 525 Zeilen festgelegt worden.
Man entschied sich im
Saarland mit dem Rundfunkgesetz von 1952 für die volle Übernahme der
französischen Norm. Dass dies wegen
ihrer angeblich "exklusiven" Farbtauglichkeit geschah, ist
unwahrscheinlich. Den Hauptausschlag für die Entscheidung gaben wohl die
wirtschaftlichen Interessen der französischen Industrie. Außerdem
konnte die
Regierung damit
einmal mehr ihren Willen zu einer weitgehenden Anlehnung unseres Landes
an
Frankreich durchsetzen. So war es im Saarland nämlich nicht möglich,
mit den hier "üblichen" Fernsehgeräten in der französischen Zeilennorm
von 819 Zeilem außer TELESAAR und dem französischen Fernsehen RTF auch
das Deutsche
Fernsehen zu empfangen. Davon abgesehen wären bei einer Übernahme der
625-Zeilen-Norm im Saarland die dafür geeigneten Fernsehgeräte viel teurer geworden, denn sie hätten aus
Deutschland eingeführt und verzollt werden müssen.
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Literaturangaben zu dieser
Seite:
- Andreas Fickers. Die Anfänge des kommerziellen
Rundfunks im Saarland. Die
Geschichte der Saarländischen Fernseh AG (Tele-
Saar und Europe
No.1). In: Clemens
Zimmermann/Rainer Hudemann/Michael Kuderna (Hrsg.). Medienlandschaft
Saar von 1945
bis in die
Gegenwart. Band 1: Medien zwischen Demokratisierung und
Kontrolle (1945 - 1955). München 2010. Seiten 241 bis 280
- Privat-Sender.
Freibeuter an der Saar. In: Der
Spiegel 16/1958, Seite 47f.
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-41760626.html
- Europa I, Piraterie im
Äther. In: Der Spiegel 1/1961,
Seite 63. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-43159238.html
- Heribert Schwan: Der
Rundfunk als Instrument der Politik im Saarland 1945 - 1955. Berlin 1974. Seiten 55ff.
- Fritz Raff, Axel
Buchholz, Hg.: Geschichte und Geschichten des Senders an der Saar - 50
Jahre Saarländischer Rundfunk.
Freiburg,
Basel, Wien 2007. Seiten 54 bis 56
- Michael Geib. Fernsehen
in den Kinderschuhen. In: Von der `Stunde 0´ zum `Tag X´. Das Saarland
1945-1959. (Katalog zur
Ausstellung
des Regionalgeschichtlichen Museums im Saarbrücker Schloss).
Saarbrücken 1990. Seiten 407 bis 416
- Mineralienatlas:
http://www.mineralienatlas.de/lexikon/index.php/Deutschland/Saarland/Saarlouis/Ü%DCberherrn
(zum Muschelkalk in
Überherrn)
- Saarländischer Rundfunk
(Hg.) Unser Sender an der Saar. 50 Jahre Rundfunk im Saarland. Saarbrücken,
1985. Seiten 54 f
- Sellemols - Vor 50
Jahren: TELESAAR.
Sendung des SR-Fernsehens über Telesaar vom 1. Februar 2004
- 15 Jahre
Werbefunk an der Saar. Hgg. von der Werbefunk Saar GmbH, o.D.;
wahrsch. 1963
Herzlichen Dank an Hans-Günter Quirin, Völklingen,
für seine Zeitzeugenberichte und für zahlreiche Kopien aus seiner
umfangreichen Sammlung über die Entwicklung von TELESAAR mit
vielen Bildern, Texten und Zeitungsausschnitten aus den
50er- und 60er-Jahren.
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Diese Seite wurde 2008
begonnen und zuletzt bearbeitet am 21.3.2021
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