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2 e) Die Saarlandbrille:  "de Zick, de Zack unn 's Marieche"

 

(allsonntägliche kabarettistische Sendung von Radio Saarbrücken)

 


 

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Hier können Sie sich eine komplette Sendung der Saarlandbrille anhören  (Dauer: ca. 7 Min.; nach dem Klicken bitte einige Sekunden warten!)

 

 

"Die SAARLANDBRILLE" war eine überaus beliebte kabarettistische Sendung, die vom 20. Februar 1949 bis zum 23. Oktober 1955 jeden Sonntag um 13 Uhr auf Radio Saarbrücken zu hören war. Zwei Männer und eine Frau unterhielten sich zehn Minuten lang in einem Gemisch aus Hochdeutsch ("mit Striefen drein") und saarländischer Mundart. Sie glossierten Themen aus dem politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Leben, die in der Woche zuvor eine Rolle im Land gespielt hatten. Auf diese Weise wurden Ereignisse und Gegebenheiten aus Politik und Alltag in karikaturistischer Form dargestellt.

 

Politisch war die Sendung entsprechend der Ausrichtung des Senders "regierungstreu" eingestellt. In den letzten Wochen vor der Volksbefragung 1955 wurden die politischen Anspielungen moderater, weil dem Rundfunk im Abstimmungskampf Neutralität verordnet worden war.

 

Die Akteure der Sendung waren Peter Schmidt ("de Zack"), Maria Rumann ("s Marieche") und Fritz Weissenbach ("de Zick") (im Bild oben und im Bild unten jeweils von links nach rechts).

 

 

Peter Schmidt

war Schauspieler und wirkte im Radio hauptsächlich in Mundarthörspielen mit.

 

Maria Rumann

war ebenfalls Schauspielerin. Sie wirkte in zahlreichen anderen Radio-Sendungen und bei öffentlichen Veranstaltungen mit, z.B. zusammen mit den Weissenbachs und mit Peter Schmidt unter dem Namen "Die Funk-Schwaduddler".

 

Fritz Weissenbach

war bereits vor dem Krieg ein bekannter Radiomann. Er trat z.B. im Reichssender Saarbrücken als Fridolin in "Sperlings Bunter Bühne" auf. Später wirkte er noch viele Jahre bei Radio Saarbrücken mit, auf SR 1 und SR 3, meist zusammen mit seiner Frau Gerdi, u.a. in der Sendung "Allerhand für Stadt und Land".

Die Idee zur Saarlandbrille hatte der saarländische Mundartdichter

Leo Griebler (Bild oben, im Vordergrund). In Saarbrücken gab es zu dieser Zeit ein satirisches Blatt, "Die Großstadtbrille". Nach deren Muster wollte Griebler eine Sendung für das Radio kreieren. Er zeichnete auch meist als Autor für die Texte verantwortlich. Häufig baute er in die Sendungen Anregungen von Zuschauern ein, die sich per Post über Missstände im Land beklagten und Bitten äußerten.

Das Indikativ der Saarlandbrille (damals sagte man dazu noch Erkennungsmelodie) war das Lied "Mir sinn Saarbrigger". Es wurde gespielt von der Blaskapelle von Radio Saarbrücken (Erwin Schmidt und seine lustigen Musikanten). Die allsonntägliche Saarlandbrille dauerte etwa sechs bis zehn Minuten und wurde immer live gesendet.

 

Manchmal wurde in den Sendungen von einem gewissen "Herrn Nieselpriem" gesprochen. Er war wohl eine erfundene Figur und wurde als ein recht einfältiger Mensch dargestellt, der von den drei Akteuren häufig mit dem Ausspruch "Ei, das is ja wunderbar prima" zitiert wurde.

 

Am Ende der Sendung hieß es: "Und damit verabschiede sich für heude de Zick, de Zack unn's Marieche" - und dann kam das

berühmte, im Chor gesprochene, langgezogene "Maahlzeit", mit dem auch die Weissenbachs drei Jahrzehnte lang ihre bekannte Sendung > "Allerhand für Stadt und Land" regelmäßig beendeten.

 

 

 

 

 

Man sagte, dass wegen der Saarlandbrille damals in den saarländischen Familien beim sonntäglichen Mittagessen der Nachtisch immer spätestens gegen fünf vor eins serviert werden musste, damit man danach ungestört die Saarlandbrille hören konnte... Das passte haargenau zu der saarländischen Devise "Um 12 werd gess".

 

Persönliche Erfahrung des Autors:

 

Die Saarlandbrille als "Wegbegleiter". Sonntags ging ich damals als 12- bis 15-Jähriger häufig gleich nach dem Mittagessen zu Fuß von unserer Wohnung unten am Hüttenberg in Neunkirchen bis in die Willi- Graf-Straße, um dort bei gleichaltrigen Freunden den Nachmittag zu verbringen. Auf meinem Weg konnte ich in der wärmeren Jahreszeit aus den geöffneten Fenstern der Häuser, an denen ich vorbeiging, fast lückenlos die "Saarlandbrille" mithören - von einem Haus zum anderen - ein Beweis dafür, wie beliebt die Sendung damals war! (R.F.)

Die letzte Sendung der Saarlandbrille lief am 23. Oktober 1955. Es war der Tag der Volksbefragung. Als Reaktion auf das Abstimmungsergebnis trat der Ministerpräsident noch am späten Abend zurück.

 

Vom nächsten Tag an erfuhr das Programm des bisher regierungstreuen Senders Radio Saarbrücken zahlreiche Änderungen. So entfiel zum Beispiel plötzlich und ohne jegliche Vorankündigung die Saarlandbrille. Sie wurde einfach nicht mehr ausgestrahlt, an ihren Sendeplatz trat ein anderes Programm. Sie wurde später nie wieder aufgenom- men, auch nicht in veränderter Form.

> Letzte Sendung Saarlandbrille

(Dauer knapp 8 min.; zum Anhören bitte hier auf den Lautsprecher klicken - das Herunterladen kann mehrere Sekunden in Anspruch nehmen.)

 

 

Kommentar zum Inhalt dieser letzten Ausgabe der Saarlandbrille am 23. Oktober 1955:

 

Die drei Protagonisten müssen sich am Tag der Volksbefragung natürlich vorschriftsmäßig neutral verhalten. Nachdem Zick kundtut, dass er "sei Kreuzje schon abgeliefert" habe (die Sendung lief ja um 13 Uhr), schlägt Mariechen vor, "heit nur üwwa Freudiges se schwätze", und die anderen stimmen zu. Als Beispiel führt Zick an, dass es ja vor Weihnachten noch eine dreifache Familienzulage geben werde (Zack: "die kammer nöödich brauche"). Es wird zwar nicht ausdrücklich gesagt, dass es diese Zulage bei einem Nein zum Statut wohl nicht geben werde, aber mit diesem Hinweis auf die bevorstehende "Wohltat" der amtierenden Regierung Hoffmann verstoßen sie wohl doch ein wenig gegen das Neutralitätsgebot in Presse und Rundfunk vor dem Ende des Referendums (siehe diesen Absatz auf unserer Seite Volksbefra- gung). Ansonsten verhalten sich aber überwiegend neutral.

 

Auf eine Frage von Zack, wie sich ein Optimist und ein Pessimist nach der Abstimmung verhalten werden, warnt Mariechen: "Zick, jetzt sei vorsichtig!"  Er antwortet, er "schwätze" ja nicht von Ja oder Nein, und erklärt dann, wie die beiden Typen von Wählern bei einer "Mehrheit" oder einer "Minderheit" im Allgemeinen reagieren.

 

Sie kalauern dann noch über den Sinn und Unsinn der vielen Flugblätter der letzten Zeit in der Stadt. Zick: "Das sind so Begleiterscheinungen von einem politischen Remmi-Demmi". Sie freuen sich auf die bald wiederkehrenden normalen Zeiten, "wo ma uns endlich mol widda verdraan an der Saar". Mariechen meint, die Politik sei eine ewige Zankerei ja gar nicht wert. Zum Abschluss erklärt Zick, dass man im Himmel keine Politiker finden könne, und dann ertönt ihr geliebtes dreistimmiges "Mahlzeit" - und zwar zum allerletzten Mal, aber das wissen sie wohl zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

 

    

 

Foto: Die drei Saarlandbrillen-Akteure auf dem Schwarzenbergturm in Saarbrücken

 

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Quellen:

 

a) Eigene Erinnerungen des Autors Rainer Freyer

b) Frank Rainer Huck, Beiheft zur CD "Maaahlzeit. Erinnerungen an Fritz und Gerdi Weissenbach." Saarländischer Rundfunk. Saarbrücken, 1997

c) Die Tondokumente haben wir der Doppel-CD "Radio an der Saar 1935-1995. Ein Querschnitt durch 60 Jahre Programmgeschichte" entnommen. Saarländischer Rundfunk Saarbrücken. 1995.

(Eine Lizenz zur Verwendung des GEMA-Repertoires auf dieser Website liegt vor.)

 

Alle Fotos dieser Seite sind vom Landesarchiv Saarbrücken (Bildersammlung Weissenbach).

 


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Inhalt des Kapitels Radio & Fernsehen:


1)  Geschichte des Rundfunks im Saarland (von 1929 bis 1959 und danach)

  

2)  Radio Saarbrücken:

 

     a)  Radio Saarbrücken - der Heimatsender der Saarländer

     b)  Radio-Erinnerungen

     c)  Reporter und Übertragungswagen

     d)  Die Familie Weissenbach  (die beliebten Moderatoren Gerdi und Fritz)

     e)  Die Saarlandbrille  (beliebte Sonntagssendung mit "Zick, Zack & Marieche")     

      f)  Die Wartburg (das Funkhaus von Radio Saarbrücken)

     g)  Die Orchester der Saarbrücker Radiosender

     h)  Der Mittelwellen-Sender Heusweiler

      i)  Bilder vom Heusweiler Sender

 

3)  Fernsehen im Saarland: Von TELESAAR zum SR-Fernsehen

 

4)  Europe 1

     a)  Der private französische Langwellensender Europe No 1     

     b)  Die Antennen-Anlage von Europe 1 - Mastbruch 2012

  

5)  Radio- und Fernsehgeräte aus saarländischer Produktion

 

Diese Seite wurde zuletzt bearbeitet am 18.7.2020

 


 

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