Auf unserer Seite Saarländische Kinos finden Sie Bilder & Beschreibungen der einzelnen Kinos in fast allen saarländischen Orten.
1) Einführung: Im Kino in den Fünfzigern
"Ins
Kino gehen", das war in den 50er-Jahren die beliebteste Art der
Unterhaltung für die Saarländer. In den über 200 Kinos ihres Landes
genossen sie, neben den Filmen, auch das gemütliche und manchmal fast
feierliche Ambiente eines Lichtspielhauses. Dazu trugen zum Beispiel
die freundlichen Platzanweiserinnen bei, die bequemen Sessel (falls man
nicht in ein Kino geriet, das noch hölzerne Klappsitze hatte), der in
Falten gelegte Stoff, mit dem die Wände zwecks Schalldämmung bespannt
waren, und die dezente Saalbeleuchtung, die ganz langsam gedimmt wurde, nachdem der samtweiche Klang des Gongs (meist mit mehreren Schlägen) den Beginn der
Vorstellung angekündigt hatte. Der
Vorhang wurde langsam aufgezogen, und dann begann zunächst das
Vorprogramm, oft ein Kulturfilm, und dann kam die Wochenschau.
Vorher
und in der Pause vor dem Hauptfilm wurde das Publikum mit beliebten
Instrumentaltiteln z.B. von Billy Vaughn oder Ray Conniff verwöhnt und
durfte sich dabei die "Autz"-Kinoreklamen anschauen, die mittels
großformatiger Diapositive (siehe Bild!) auf die Leinwand
projiziert wurden. Während dessen bot das Personal Coca Cola,
Kartoffelchips (als Vorläufer zum Popcorn der späteren Jahre) und
Eis am Stiel (z.B. Mischos Polar- oder Miko-Eis) zum sofortigen Verzehr
an. Der Erlös aus Dia-Werbung und Getränke-/Essens-Verkauf stellte
neben dem Anteil am Eintrittsgeld die Einkünfte des Kinobesitzers dar.
Dieser riss manchmal auch eigenhändig die Karten ab, um auf diese Weise
seine Besucher persönlich willkommen zu heißen ... das bindet!
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8,5x8,5cm-Werbe-Dia
der Firma Adolf Autz, Saarbrücken. Sie nannte sich "Annoncen-Expedition
und Kinoreklame im ganzen Saarland". Es gab auch noch andere derartige
Werbe-Agenturen im Saarland (z.B. Reklame-Knoll).
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Persönliche Erinnerungen des Autors: Als
Jugendlicher freute ich mich die ganze Woche über auf den Sonntag
Nachmittag, wenn ich wieder mit meinen Freunden um zwei oder um vier im
Corona oder 'Burgtheater' die Kinder- bzw. Jugendvorstellung besuchen
durfte. Es gab Märchen-, Dick und Doof-, Indianer-, später auch Musik-
und Teenager-Filme zu sehen. In
den frühen Jahren zahlten wir ganze 50 Franken für einen "Banditen-"
oder "Rasier-Logen-Platz" [2]. Der Preis stieg jedes Jahr um 10 oder 20
frs. an, und der Höchststand lag kurz vor dem Tag X bei etwa 140
Franken (für einen Logenplatz musste man 300 frs.hinlegen). Wir hatten
meist viel Spaß an den lustigen oder spannenden Filmen.
Für
Pärchen im Backfisch- bzw. Teenager-Alter (dieser Begriff kam erst in
der 2. Hälfte der 50er-Jahre auf) war im fast dunklen Kino damals auch
schon mal ein wenig "Knutschen" angesagt - was
auf den hinteren Logenplätzen sicher kein billiger Spaß war...
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Bericht von Gerd Pannhausen,
Sulzbach-Altenwald: Sonntags um 15:30 Uhr gab es die Jugendvorstellung
für 50 Frs. auf allen Plätzen (Loge war allerdings gesperrt).
Heißbegehrt war die erste Reihe im Sperrsitz, da hatte man eine
ungehinderte Sicht über die Parkettsitze auf die Leinwand. Am liebsten
schauten wir "Cowboyfilme" mit Hopalong Cassidy. Weitere Hits waren
Piraten-, Abenteuer-, Tarzan-, Mantel- und Degen- oder Märchenfilme.
Wir waren damals ja nicht wählerisch, andere Kinovorstellungen waren
tabu und so freuten wir uns schon die ganze Woche auf die
Sonntagsvorstellung. Etwas getrübt wurde die Vorfreude durch unseren
selbstherrlichen Kaplan B. Um 14 Uhr war Christenlehre angesagt;
dauerte normal eine Stunde - kein Problem. Aber wenn es ihm einfiel,
hängte er einfach noch eine Art Andacht an, dann wurde es knapp, denn
nach 15:30 Uhr wurde im Kino niemand mehr eingelassen. Fehlte man aber
in der Kirche, gab es im Religionsunterricht "Haue"...
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[2]
"Banditenloge" oder "Rasierloge" - so nannten wir die billigen
Kinoreihen ganz vorne im Kino. Die ("offiziellen") Namen der Plätze
waren:
2. Parkett, 1. Parkett, Sperrsitz, Loge.
Zwiebelbrote mit Maggi. Petra Hallensleben erzählt: Nach
dem Krieg ging die Oma meiner Mutter in einer saarländischen
Mittelstadt oft ins Kino, hauptsächlich wegen der "Wochenschau". Man
hatte damals ja noch kein Fernsehgerät und wollte "auf
dem Laufenden" bleiben!! Tatsächlich
wurde das Kino 2-3 mal pro Woche besucht, zu dritt oder zu viert, denn
es kostete damals ja nur 50 Pfennige, und die drei Kinder waren noch
klein... Gespielt wurden u.a. Filme mit Hans Moser (dieser nuschelnde
Österreicher)... ich stell's mir grad vor... Meine Urgroßmutter nahm ab
und zu Nußschokolade von zu Hause mit in die Kinovorstellung und zudem
eine Kanne Milchkaffee mit Zucker!
Und
die Leute nahmen gerne Zwiebelbrote mit Maggi als Snack mit ... es war
ja "sellemols" ein bisschen anders als
heute... da gab es kein Popcorn oder Eis und so'n Zeugs! Es war eine
Zeit voller Entbehrungen, trotzdem glücklich, denn die Menschen hatten
keine großen Ansprüche! Aber dennoch gab es genügend zu essen, man
baute vieles im Garten an. Die Mahlzeiten waren schlicht, die Arbeit
hart, die Erziehung war streng, die Menschen waren fromm, die Witwen
verbittert ... So macht man Zwiebelbrote: Man nehme zwei frische
Brotscheiben, bestreiche eine mit einer Halb/Halb-Mischung (aus
Fauser's Landsieg
- siehe unsere Seite Produkte unter B1!) und
guter, französischer Butter). Dann schäle man eine Zwiebel, schneide
diese in feine Scheiben und verteile sie gleichmäßig auf der
"bestrichenen" Brotseite. Danach würze man bitte mit dem (echten) Maggi
und salze die "Schmier" eventuell noch... Nun kommt der entscheidende
Moment: Man lege sanft die andere Scheibe über die belegte Scheibe und
drücke diese "mit Liebe" so fest, dass sie vom "Saft" benetzt wird!
"Guten Appetit"!
Der Kreativität sind (fast) keine Grenzen gesetzt!!
2) Die Entwicklung der Kino-Szene in der Zeit von 1945 bis 1959
a) Kino in Trümmern
Schon
vor dem Krieg hatten die Saarländer den Kinofilm als ein äußert
interessantes Unterhaltungsmedium schätzen und lieben gelernt. In der
Hauptstadt gab es z. B. im Jahr 1938 über 5130 Sitzplätze in neun
Kinos, die etwa 1,6 Millionen Besucher anlockten. Sämtliche bestehenden
Filmtheater wurden im Krieg zerstört oder stark beschädigt.
Nach dem Einmarsch der amerikanischen Truppen
im
Saarland im März 1945 blieben alle Kinos zunächst geschlossen. Nach den
Entbehrungen der Kriegszeit sehnten sich die traumatisierten Menschen
aber nach ein wenig Ablenkung von ihrer Trauer und ihren Sorgen.
Radiohören war für viele ein beliebtes Mittel der Zerstreuung, doch es
fehlte etwas fürs Auge. An Fernsehen
war damals noch nicht zu denken, und so wünschten sich die Leute ihre
Kinos zurück. Die Saarbrücker vermissten ihren riesigen
UFA-Filmpalast, das Apollo in der Kohlwaag- und das Gloria in der
Trierer Straße, die Völklinger ihr Metropol, Zentral und Capitol, die
Neunkircher das Corona oder Eden und die Saarlouiser ihr Capitol und
Skala, um nur einige der geliebten alten Kinos zu nennen.
Als
die Franzosen im Juli 1945 die Amerikaner an der Saar als
Besatzungsmacht ablösten, ließen sie zunächst noch einige Monate
verstreichen, bevor sie die Eröffnung von Lichtspielhäusern wieder
erlaubten. Sie übertrugen die Kontrolle über die Kinos 1946 auf einen
Sequesterverwalter
(Administrateur-Séquestre; siehe Abb.) [1]. Dieses Amt übernahm Max Bernheim.
Wenn
jemand ein Kino betreiben wollte, benötigte er zunächst die Genehmigung
von der französischen Militärverwaltung. Außerdem musste er Bezugsscheine
vorlegen, wenn er z. B. Holz, Leim oder Eisen für den Wiederaufbau
kaufen wollte. Da es allenthalben an Brennstoffen mangelte,
hatten
die Kinobesucher anfangs eine bestimmte Menge an Kohlen oder Briketts
mitzubringen, die sie zusammen mit dem Eintrittsgeld beim Kauf der
Kinokarten abgeben mussten. Auf diese Weise konnten die Räume
wenigstens notdürftig beheizt werden.
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Die
ersten saarländischen Kinos wurden nach dem Krieg in Saarbrücken
eröffnet. Dort hatten zwei größere Veranstaltungssäle die
Kampfhandlungen recht gut überstanden; in einem von ihnen ließ die
französische Militärregierung das erste Nachkriegskino einrichten, und
zwar im Johannishof in
der Mainzer Straße 30.
So konnten sich die Bürger vom 16. Oktober 1945 an, "wenn auch mit
knurrendem Magen, von der Traumwelt des Filmes wieder einlullen
lassen..." [2].
Die Resonanz in der Bevölkerung war so gewaltig, dass dieses erste Kino schon gleich nach seiner Eröffnung ständig überfüllt war. Deshalb schuf man kurz darauf, am 30. November 1945, im großen Saal der Wartburg
(Nauwieser Straße 75) ein zweites Lichtspieltheater. Ein Jahr später, am 3. Oktober 1946, folgte das Volkshaus Burbach als drittes Nachkriegskino im Saarland. Damit standen insgesamt wieder 3000 Sitzplätze zur Verfügung.
Der
große Ansturm auf die Kinos so kurz nach dem schrecklichen Krieg
erklärt sich neben dem Bedürfnis nach Zerstreuung und Ablenkung auch
daraus, dass die Menschen zwar noch reichlich Geld (in Reichsmark)
besaßen, aber in den Geschäften nicht die Waren zum Kaufen vorfanden,
die sie zum Leben dringend benötigten.
Da
auch die Angst vor einer bevorstehenden Geldentwertung umging,
befreiten sie sich schnell von ihrer bisherigen sparsamen
Haushaltsführung und gaben ihr ansonsten "nutzloses" Geld aus, um z. B.
öfter mal ins Kino zu gehen.
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Eine Kinokarte war schon ab 50 RPf zu haben. Als aber am 20. November
1947 der französische Franc als Währung eingeführt wurde, stieg das
Angebot an Nahrungsmitteln, Bekleidung und Einrichtungsgegenständen in
den Läden rasant an (vgl. unsere Seite "Das liebe Geld"
unter B 2).
Dies führte zunächst dazu, dass der Besucherstrom in den Kinos
schlagartig zurückging. Nachdem etwa 1949 der größte Bedarf an
täglichen Dingen gedeckt war, pendelte sich die Zahl der Kinobesuche
schnell wieder auf dieselbe Höhe ein wie vorher.
b) Kino-Boom der 50er-Jahre
1948
öffneten in Saarbrücken drei weitere Lichtspielhäuser ihre Pforten. Sie
waren klein bis mittelgroß und lagen in den Außenbezirken der Stadt.
Das provisorische Kino im großen Saal des Johannishofs musste man
schließen, um diesen wieder für andere Veranstaltungen verwenden zu
können.
Ende
1949 wurden zwei weitere Häuser wieder eröffnet, die vor dem Krieg
schon in Betriebwaren: im Dezember 1949 das U.T. (Union-Theater, vor
dem Krieg UFA-Palast - mehr über diese Neueröffnung finden Sie auf unserer Seite Saarländische Kinos) und das Metropol in Burbach.
Den Filmverleih für das Saarland übernahm zunächst die Saarländische Film-Vertriebs-GmbH, in der Warndtstraße 45 (sie hieß bis 1948 und heißt seit 1956 Hohenzollernstraße; siehe Bild rechts), der bald darauf die Saarländische Film-Union GmbH (Eisenbahnstraße 58) folgte; deren Geschäftsführer war Ernst Gill.
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1951 gab es
im ganzen Land bereits über 50.000 Kinoplätze, und man zählte 15
Millionen Besucher im Jahr; das waren etwa zehnmal so viele Plätze und
Besucher wie vor dem Krieg (siehe oben am Beginn des Abschnitts 2a).
Die Abbildung zeigt das Saarbrücker Filmangebot am 11. Januar. Im Laufe
des Jahres kamen in der Hauptstadt drei weitere große neue Häuser
hinzu: der Gloria-Palast in der Trierer Straße, das Passage-Kino in der
Bahnhof- und der Scala-Filmpalast in der Futterstraße. Als 1952 das
Kino in der Wartburg wieder geschlossen wurde (wahrscheinlich weil der
große Saal immer häufiger von Radio Saarbrücken beansprucht wurde,
dessen Funkhaus dort eingerichtet war), gab es jetzt in Saarbrücken
zehn Lichtspielhäuser. Dieser Bestand erhöhte
sich bis 1958 noch geringfügig auf zwölf.
Das
war die große Zeit des Kinos. Die Anzahl der jährlichen Kinobesuche
stieg im Saarland bis 1956 kontinuierlich an, wozu attraktive
technische Innovationen wie Breitbild-Verfahren (CinemaScope) und
Mehrkanalton wesentlich beigetragen haben. Aber von 1957 an gingen die
Besuche zunächst langsam und nach dem Tag X sogar stark zurück.
Der
Grund dafür lag wohl erstens in der Tatsache, dass die Saarländer ihr
erspartes Geld nun lieber für den Kauf der lange entbehrten deutschen
Waren ausgaben, besonders für Elektrogeräte wie Kühlschränke,
Waschmaschinen, Radios, Plattenspieler u.ä. Daher sparten sie jetzt
an anderen Dingen, z. B. Kinokarten...
Der
zweite Grund für den Rückgang der Kinobesuche war aber, dass die bisher
recht kleine Zahl von Fernsehteilnehmern an der Saar bald nach dem Tag
X ruckartig anstieg. Denn als im September 1959 der neue
Grundnetzsender auf der Göttelborner Höhe damit begann, das
ARD-Programm mit hoher Sendeleistung (100 kW) auf Kanal 2 auszustrahlen
(siehe unsere Seite Telesaar im Abschnitt
4),
konnte man endlich fast im ganzen Saarland das Deutsche Fernsehen
empfangen. Die Zahl der im Saarland vorhandenen Fernsehgeräte soll
innerhalb eines Jahres von etwa 4 000 auf 20 000 angestiegen sein [3].
So
konnten nun immer mehr Saarländer ihren Bedarf an Unterhaltung mit
Hilfe des neuen Mediums decken. Ins Kino gingen sie zwar immer noch,
weil man nur dort die neuesten Filme auf der riesigen Leinwand sehen
und den hervorragenden Ton genießen konnte. Trotzdem sank die Zahl der
verkauften Kinokarten gegenüber den Vorjahren stark ab. Als etwas
später auch immer weniger große Filme produziert wurden,
ging die Glanzzeit des Kinos ziemlich rasch zu Ende. Die negative
Beeinflussung der Kino-Besucherzahlen durch das aufkommende Fernsehen
zeigten sich nicht nur im Saarland, sondern auch im übrigen
Bundesgebiet. Hier wie dort mussten viele Kinos, besonders in Dörfern
und in den Vororten der Städte schließen.
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[1] Text der Verfügung aus: Journal Officiel du Commandement en Chef Français en Allemagne (Amtsblatt des französischen
Oberkommandos in Deutschland) Nr. 51 vom 8. Januar 1947, Seite 552
[2] Siehe: Hans Trautes. Erinnerungen an Saarbrücken während des zweiten Weltkrieges 1939 - 1945. Wallerfangen und Saarbrücken,
1974, S. 125
[3] Siehe: Saarländischer Rundfunk (Hg.) Unser Sender an der Saar. 50 Jahre Rundfunk im Saarland. Saarbrücken, 1985. Seite 65.
Hinweis: Auf unserer Seite Saarländische Kinos finden Sie Einzelheiten und Bilder zu den Kinos in zahlreichen Orten und Städten.
3) Welche Spielfilme damals im Kino liefen
a) Vor 1945
Solange
die Saar zu "Großdeutschland" gehörte (von 1935 bis 1945), zeigte man
in den Kinos hauptsächlich Filme aus deutscher Produktion. Neben
ausgesprochenen Propagandafilmen gab es auch Spielfilme zu sehen, die
sich zwar meist durch eine hohe formale Qualität auszeichneten,
inhaltlich aber im Grunde propagandistisch ausgerichtet waren (z.B.
"Jud Süß" und ähnlicheWerke).
b) Die ersten Kinofilme in der frühen Nachkriegszeit
In
den Filmen, die man nach dem Krieg im Kino spielte, wurde den Menschen
wieder das dargeboten, was sie viele Jahre lang am meisten vermisst
hatten: eine heile Welt. Die Menschen konnten endlich wieder,
wenigstens für ein paar Stunden, ihre Alltagsorgen vergessen. Im
Saarland liefen zunächst nur
französische Filme, die schon vor oder
während der deutschen Besatzungszeit gedreht worden waren, z. B. der
allererste Film im Johannishof "Premier Bal" von 1941 oder in der
Wartburg "L'Eternel Retour", 1943. Später liefen auch andere
französische Werke, z. B. "La Belle et la Bête" von 1946, sowie
amerikanische und britische Produktionen. Alle ausländischen Filme
konnten in den ersten Jahren im Saarland noch nicht synchronisiert
werden, weil es an den technischen Einrichtungen haperte. So liefen
sie
in der
Originalfassung mit deutschen Untertiteln - die
allerdings oft nur von den vorderen Sitzreihen aus zu lesen waren, weil
sie auf der Leinwand häufig viel zu tief standen.
Manchmal
zeigte man auch sogenannte "Reprisen", das waren deutsche UFA-Filme aus
der Zeit vor 1945, die die Zensur der Militärbehörden überstanden
hatten: Münchhausen (Hans Albers), Feuerzangenbowle und Quax der
Bruchpilot (Rühmann), Immensee (Söderbaum) oder Die Zaubergeige
(Quadflieg).
Bald
jedoch begann die Welle der deutschen Heimat- und Revuefilme in unsere
Kinos zu schwappen und die Leute anzulocken. Bei Kindern und
Junggebliebenen waren Märchenfilme sehr beliebt, besonders solche, die
als Zeichentrickwerke von Walt Disney aus den USA kamen.
Unsere Zeitzeugin "Ald Schwaduddel" erinnerte sich an ihre frühen Kinobesuche und einige Filme, die es damals zu sehen gab:
Den 1949 zur Eröffnung des UT-Kinos gezeigten Film Schneewittchen und die 7 Zwerge [das Bild zeigt den UT-Eingang mit der Filmankündigung]
habe ich gesehen - helle Begeisterung! "Juchhei juchhei,
die Arbeit ist vorbei",
sangen die Zwerge.*)
Damals
liefen die Filme manchmal sechs Wochen lang im selben Kino, und die
Vorführungen der ersten Zeichentrickfilme von Walt Disney, z. B. auch Bambi,
wurden geradezu gestürmt. An der Abendkasse gab es oftmals nur noch mit
viel Glück eine Eintrittskarte, etwa wenn Tickets zurückgegeben wurden.
Es war also sicherer, seine Karte im Vorverkauf zu besorgen. Geld
hatten wir ja nur sehr wenig, aber
bei so Kinobegeisterten, wie wir es waren, konnte man das Geld für
schöne
Filme
immer
irgendwie zusammenkratzen. Für gewöhnlich pflegte ich zu maulen, wenn
ich zu Besorgungen losgeschickt wurde, aber zum Vorverkauf bin ich
beinahe gerannt, um auch wirklich noch Karten zu bekommen.
Herrliche französische Filme (siehe auch weiter unten!) hat man gesehen, etwa Kinder des Olymp (Les enfants du Paradis, von 1945) oder Die Schöne und das Biest (La Belle et la Bête) und Orphée (1949), beide von Jean Cocteau und mit Jean Marais, La Symphonie Pastorale (1946) mit der jungen Michèle Morgan, und dann die schwungvollen amerikanischen Revuefilme wie Badende Venus
(von 1944) mit Esther Williams. Seit diesem Film liebe ich
südamerikanische Musik! Den Art-Déco-Stil, so vornehm, so elegant,
bewundere ich seit den Revuefilmen mit Ginger
Rogers und dem wunderbaren Fred Astaire... die Liste ließe sich
unendlich verlängern! Damals konnte
man auch noch ins Kino gehen ohne geschockt zu werden durch
hemmungslose Sex-Szenen, das heißt, die allermeisten Filme waren
jugendfrei. Die Kinder tobten noch nicht herum, denn sie waren noch
unter einer gewissen Aufsicht, es gab noch kein Gekreische und keine
Popcorn-Schlachten, Getränkedosen-Kicken und lauten Unterhaltungen.
Schöne alte Kino-Zeiten!
*) Anm. v. R. Freyer: "Schneewittchen
und die 7 Zwerge" - das war der erste Film meines Lebens! 1949 war ich
sieben, und mein Vati war erst ein knappes Jahr zuvor aus der
Kriegsgefangenschaft heimgekommen (siehe hier).
Als er mit mir ins Corona-Kino in Neunkirchen ging, damit ich diesen
Film sehen konnte, war ich tief beeindruckt - und natürlich begeistert!
Auch meinem Vati schien er gefallen zu haben, denn danach hat er mich
eine ganze Weile gerne "Nieselpriem" genannt... (das war der Name von
einem der Zwerge in dem Film).
Jean-Claude Pinck berichtet: An die erwähnte
Premierenaufführung von Disneys Schneewittchen kann ich mich erinnern. Ich war etwa 2 1/2 Jahre alt…. Als die Hexe erschien,
ging ich auf Tauchstation unter dem Vordersitz!
c) In den 50er-Jahren
Die
Saarländer konnten sich z. B. alleine im Jahr 1951 insgesamt 559
verschiedene Spielfilme anschauen. Der Anteil französischer Filme hatte
inzwischen stark abgenommen. 89 Filme kamen in diesem Jahr aus
Deutschland, 188 aus den U.S.A., 58 aus Oesterreich und nur
noch 53aus Frankreich.1 Hinzu kamen noch 43 aus England, 17 aus Italien und 11 aus Spanien, Schweden, Argentinien und der Schweiz.
In
diesem Jahrzehnt zeigte man Historienfilme ("Das Gewand"), Krimis oder
"Thriller" ("Der dritte Mann"), Dramen ("Der Hauptmann von Köpenick"),
verfilmte Romane ("Dany, bitte schreiben Sie"), Science-Fiction-Filme
("Kampf der Welten"), Western ("Vera Cruz") und meist anspruchslose
Lustspielfilme ("Die drei von der Tankstelle", "Drei
Männer im Schnee") oder auch rührselige Stücke wie "Grün ist die Heide"
und "Moselfahrt aus Liebeskummer", für jüngere Zuschauer z.B. "Das
doppelte Lottchen" und "Heidi", und dann kamen bald auch - noch sehr
dezente! - Aufklärungsfilme ("Worüber man nicht spricht" oder "Falsche Scham"). Kassenknüller
waren auch Filme wie "Die Brücke am Kwai", "Liane - das Mädchen aus dem Urwald" oder "Die Trapp-Familie".
Einen
hohen Besucherandrang erlebten Rock'n'Roll-Filme wie "Rock around the
Clock" (mit Bill Haley, 1954) sowie deutsche Musikfilme mit Caterina Valente und Peter Alexander, z.B. "Du bist Musik" oder "Bonjour Kathrin" (beide 1956). Nicht zu vergessen die Teenagerlieblinge Cornelia
Froboess und Peter Kraus in "Wenn die Conny mit dem
Peter" (1958) und "Conny und Peter machen Musik" (1960). Zahlreiche Stars von Bühne und Leinwand besuchten damals das Saarland persönlich und traten oft auf den Bühnen der Kinos auf (siehe dazu unsere Seite
Star-Besuche im Saarland!)
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Literatur:
Hans Trautes. Erinnerungen an Saarbrücken während des zweiten Weltkrieges 1939 - 1945. Wallerfangen u. Saarbrücken, 1974. S. 125
Inge Plettenberg. Schicksalhaftes Geschehen in Dur und Moll. In: Von der Stunde Null zum Tag X. S. 381 - 396.
Lichtspieltheater in Saarbrücken. Ein statistischer Überblick.
In: Verwaltung und Statistik der Stadt Saarbrücken. Herausgegeben vom
Statistischen Amt der Stadt Saarbrücken, 1960. Seite 47ff.
Das Bild oben zeigt Kinostühle und Filmplakate der 50er-Jahre, die im Historischen Museum Saarbrücken ausgestellt sind. (Foto: R. Freyer)
4) Wie die Saarländer im Kino Französisch lernen sollten
(Siehe auch ganz unten auf dieser Seite die SaarlandAlbum-Folge 59 von Bernd Kissel zu diesem Thema!)
Nach
dem Krieg besetzten zunächst amerikanische Truppen unser Land. Im Juli
1945 lösten die Franzosen sie als Besatzungsmacht ab. Sie lösten das
Saarland sehr bald aus der übrigen französischen Zone heraus und
bereiteten den wirtschaftlichen Anschluss der Saar an ihr Land vor (er
wurde Ende 1947 vollzogen). Im Zuge dieser Bestrebungen wollten sie
offensichtlich die Bevölkerung auf ihre vorgesehene
"französische Zukunft" oder zumindest auf eine enge Zusammenarbeit mit
den Franzosen vorbereiten. Eine der Methoden, die ihnen dafür geeignet
erschien, schildert unsere Zeitzeugin, die die Nachkriegszeit als Kind
in Saarbrücken erlebte und 1946 zehn Jahre alt war. Unter dem Pseudonym
"Die Ald Schwaduddel" beschreibt sie, was sie damals in den Kinos
erlebt hat:
Für
eine gewisse Zeit geschah in jeder Kinovorstellung die folgende
Lächerlichkeit: Um uns vor Augen zu führen, dass wir uns doch besser
von Deutschland lösen sollten, und um uns auf diesen Schritt
vorzubereiten, lief als erstes immer ein Sprachkurs auf der Leinwand.
Man sollte laut nachsprechen, was uns dort an französischen Vokabeln
vorgesagt wurde. Natürlich hat das keiner getan. Daher mussten nach
einiger Zeit die Platzanweiserinnen auf die Bühne, um laut
nachzusprechen und das Publikum durch ihr schönes Beispiel zum
Nachahmen zu animieren - das klappte aber auch nicht. Welcher Naivling
bei den Franzosen sich davon versprochen hatte, dass wir Leute jetzt im
Kino begeistert
Französisch lernen wollten, weiß ich nicht. Wie lange das so ging, weiß
ich auch nicht mehr.
(Siehe auch in Erinnerungen der Ald Schwaduddel unter der Überschrift "Saarbrücker Kinos kurz nach dem Krieg".)
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Bild rechts: Sogar im Kinoprogramm in Zeitungen und Zeitschriften wurde auf die Sprachlehrfilme hingewiesen! (aus Zeit im Bild Nr. 11 v. 9.3.1947)
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Wir
haben mehrere weitere Zeitzeugen befragt, ob sie sich an solche
Französisch-Kurse im Vorprogramm saarländischer Kinos kurz nach dem
Krieg erinnern könnten. Zunächst schüttelten alle den Kopf. Einige der Befragten meinten
anfangs sogar, unsere "Schwaduddel" habe sich diese ganze Geschichte
wohl nur ausgedacht. Aber schließlich wurden alle Zweifel zerstreut:
Wir entdeckten in unseren Unterlagen eine kleine Broschüre von 1947
mit dem Titel "Sprach-Film-Kurse, System Mimephon" trug. In der
Einleitung auf Seite 5 ist zu lesen:
"Lieber Leser! Der Inhalt dieses Büchleins dient dazu, Dir noch einmal gedruckt vor Augen zu führen, was Du zuvor im Kino bei der Vorführung des Miméphone-Films gesehen und gehört hast."
Damit war eine eindeutige Bestätigung für die Existenz der unfreiwilligen Sprachkurse gefunden, von denen unsere Zeitzeugin erzählt hatte.
Die Broschüre ist 1947 erschienen. Auf ihrer dritten Seite ist vermerkt:
Die Verlagsangabe lautete:
("Amt zur Verbreitung der französischen Sprache, Sulzbach/Saar")
Das
Büchlein hatte 120 Seiten und wurde herausgegeben von MIMEPHONE, 30,
Rue Grammont, Paris. Die Genehmigung dazu war nach Angabe im Heft
erteilt worden "d. G. M. 110 v. 30.1.1947" (d. G. M. bedeutet wahrscheinlich "durch Gouvernement Militaire" = Militärregierung).
Inzwischen
haben weitere Zeitzeugen darüber berichtet: Manfred Montag war z. B.
kurz nach dem Krieg als Filmvorführer in mehreren Kinos in Dudweiler
tätig. Er erzählte uns, dass dort ebenfalls solche Sprachkurse
durchgeführt wurden, aber nach seiner Erinnerung nur in einem der
Filmhäuser, nämlich im Union Theater (UT Dudweiler; siehe Seite Saarländische
Kinos). Er
meinte, den Franzosen wäre es damals am liebsten gewesen, wenn die
gesamte Bevölkerung möglichst schnell Französisch sprechen gelernt
hätte. Bei den Kinobesuchern seien die Kurse aber überhaupt nicht
angekommen. Die Leute hätten ein so großes Desinteresse gezeigt, dass
die Besatzungsmacht das Unterfangen bald wieder aufgab.
Auch
Adolf Blind erwähnt die Sprachkurse in den Kinos. Im Band 1 seiner
Zeitzeugenerinnerung "Unruhige Jahre an der Saar 1947 bis 1957"
schreibt er über den Beginn der fünfziger Jahre unter anderem: "...In
den Straßenbahnen waren keine Plätze mehr für Franzosen reserviert. Und
in den Kinosälen gab es keine französischen Sprachübungen mehr vor
den Vorstellungen." [1]
[1] Adolf
Blind. Unruhige Jahre an der Saar 1947 bis 1957. Band 1. Quo vadis,
Saarland? 1945 bis 1955. Frankfurt am Main, 1996. Seite 128.
Weitere Einzelheiten zu diesem Thema "Obligatorische Französisch-Kurse im Kino" siehe unten am Ende dieser Seite!
5) "Re-education" durch Vorführung von KZ-Filmen
Außer den unerwünschten Sprachkursen erwarteten die Kinobesucher in der frühen Nachkriegszeit noch andere Strapazen.
Die
Besatzungsmächte legten großen Wert darauf, dass alle Deutschen genau
darüber informiert wurden, welche Verbrechen Adolf Hitler und seine
Gefolgsleute begangen hatten. Viele Menschen behaupteten ja nach
dem Krieg, "nichts davon gewusst" zu haben. Manche sagten auch, sie
hätten während des
Krieges zwar durch Mund-zu-Mund-Propaganda oder durch heimliches
Abhören sogenannter "Feindsender" (wie BBC London) von Gräueltaten des
Naziregimes erfahren. Aber sie seien sich nicht sicher gewesen, ob
diese Berichte der Wahrheit entsprachen, oder ob es sich nur um
"Feindpropaganda" handelte.
Um
dieser Unwissenheit bzw. Ungewissheit der Deutschen ein Ende zu
bereiten, ließen die Militärregierungen nun in den Kinos vor dem
Hauptprogramm kurze Dokumentarfilme vorführen, welche die Alliierten
bei der Befreiung der Konzentrationslager gedreht hatten. So sahen die
Kinobesucher jetzt zum ersten Mal die halbverhungerten Menschen, die
aus den Lagern herauswankten, die Leichenberge und die anderen
grauenhaften
Zeugnisse von Misshandlungen der KZ-Insassen durch die Nazis. (Einige
dieser Filme werden in letzter Zeit zum Zwecke der Dokumentation in
unseren Fernsehprogrammen wieder gezeigt.)
Unsere Zeitzeugin "Die Ald Schwaduddel" erzählt: "All
die Gräuel, die die Amerikaner nach der Befreiung der KZ in Deutschland
entdeckt und gefilmt hatten, liefen da auf der Leinwand ab, auch in der
Kindervorstellung oder in der Abendvorstellung, wenn die Eltern dabei
waren. Bei den KZ-Filmen hielt mein Vater mir die Augen zu. Danach
folgte dann "Dumbo, der
fliegende Elefant",
"Rintintin" oder "Zorro" oder ein Wildwestfilm.
Diese Art der "Umerziehung" der Deutschen war Teil der von den Allierten gewollten "Re-education" [1].
In einigen Gebieten der Westzonen versuchte man das Anschauen dieser
KZ-Filme dadurch zu erzwingen, dass man den Menschen die zum Einkauf
von Nahrungsmitteln zwingend notwendigen Lebensmittelkarten
nur dann aushändigte, wenn sie durch die Vorlage von Kinokarten
nachweisen
konnten,
dass sie im Kino waren und sich dabei die KZ-Filme angeschaut hatten.
[2]
Ob die Vorlage von Kinokarten auch im Saarland zum Erlangen von Lebensmittelkarten vorgeschrieben
war, ist nicht überliefert. Aber die Militärregierung in Saarbrücken
hatte sich noch etwas anderes einfallen lassen: Wer erst in der kurzen
Pause zwischen Vorprogramm und Hauptfilm in den Saal zu schlüpfen
versuchte, um sich so die KZ-Filme zu ersparen, wurde nicht mehr
eingelassen, selbst wenn er im Besitz einer
gültigen Eintrittskarte war.
Es nutzte also nichts, eine Karte zu lösen und sich dann auf der Straße
oder im Foyer herumzutreiben, bis der Hauptfilm begann. Vielleicht gab
es einen entsprechenden Aushang im Foyer, etwa mit den Worten "Kein
Eintritt mehr nach Beginn des Vorprogramms".
Unsere "Ald Schwaduddel" erinnerte sich z. B. an herumschimpfende Kinokarteninhaber im Foyer des Johannishof-Kinos, die nach Beginn des Vorprogramms nicht mehr in den Saal gelassen wurden.
6) Filmzensur zur Saarstaat-Zeit
Neue
Filme mussten im Saarland von einer Filmkommission begutachtet werden,
bevor man sie aufführen durfte. Häufig wurden dabei anstößige oder
gewalttätige Szenen herausgeschnitten. Dafür war die "Filmprüfungsstelle des Saarlandes" eingerichtet
worden; sie hatte ihren Sitz in Saarbrücken, Am Staden 27. Viele Filme
wurden erst ab 16 oder 18 Jahren freigegeben
("Charley's Tante" mit Heinz Rühmann wurde z. B. "ab 18" eingestuft!),
und es sollen sogar Filme erst "ab 21" zugelassen worden sein.
Die
"Zensurvorstellungen" fanden
im Union-Theater (UT) statt. Ein großer Teil der Filme wurde in der
deutschen Fassung geprüft. Sie hatten die Zensur der Alliierten und ab
1949 diejenige der bundesrepublikanischen FSK (freiwillige
Selbstkontrolle) bereits passiert und dort eine Altersfreigabe
erhalten, gegebenenfalls auch angeordnete Schnitte erlitten. Die
saarländischen Zensoren sahen sich die Filme aber schwerpunktmäßig noch
einmal an, allerdings durch eine noch strengere (religiöse!) Brille.
Dabei achteten sie zusätzlich darauf, dass in ihnen sowohl Frankreich
als auch das Saarland nur positiv dargestellt wurden.
Zum Thema Filmzensur berichten Zeitzeugen:
Im
Saarland war ja eine Reihe von Filmen nur "Jugendfrei ab 18", und die
Einhaltung wurde auch des Öfteren durch Polizeikontrollen nach der
Wochenschau überwacht. Dieser Altersgrenze unterlag damals im Saarland
auch der Film "Das Gänseblümchen wird entblättert",
mit Brigitte Bardot in der Hauptrolle. Aber in Forbach,
also in Frankreich, war der Film (unter dem Titel "En effeuillant la
marguerite") bereits ab 16 Jahren zugänglich. Da fuhr dann so mancher
Schüler mit der Straßenbahn bis zur Goldenen Bremm und nach Umsteigen
weiter nach Forbach. In welchem Jahr das war? Ich denke, 1956 oder 1957. (Dietrich Arbenz)
Ich
kann mich erinnern, dass eines Tages in einem Film mit der Tänzerin
Marika Rökk eine vier bis fünf Minuten lange Tanzszene fehlte - obwohl
sie bestimmt nicht "obszön" war. Man fragte den zuständigen Kommissar,
warum er dies veranlasst habe. Er soll geantwortet haben, sie sei ihm
"zu langweilig" gewesen... (Ernst Becker)
Hier folgt eine Anekdote zur Filmzensur in den 50er-Jahren, erzählt von dem Völklinger Günther Theis, (geb. 1927) [1] und aufgeschrieben von Karl Presser:
"Damals mussten wir beispielsweise Filme aus Deutschland importieren und
verzollen. Und obwohl die Filme in Deutschland schon durch die Zensur gelaufen
waren, wurden sie hier noch einmal zensiert, ehe sie gespielt werden durften. 1951
kam der Film "Eva und der Frauenarzt" ins Kino - eine Mischung aus
Drama und Erotik. Der Film war erst ab 18 Jahren freigegeben, und die
Kinobetreiber wurden angewiesen, ihn nur in getrennten Vorstellungen für Frauen
und Männer zu zeigen (!).
Wir haben uns nicht daran gehalten und einfach ein Seil in der Mitte des
Kinos gespannt. Links davon saßen die Damen, rechts die Herren. Doch das
reichte den Sittenwächtern nicht. Als das rauskam, gab's einen
Riesenärger."
[1] Anm.
zu Günter Theis: Die Kinogeschichte des Saarlandes ist eng mit dem
Namen der Völklinger Familie Theis verbunden. Günther Theis, in zweiter
Generation Besitzer und
langjähriger Betreiber mehrerer Kinos (siehe Seite Saarländische Kinos unter Völklingen), war bis 1997 der letzte Vorsitzende des
bis dahin eigenständigen 'Wirtschaftsverbandes saarländischer Filmtheater'.
7) Kino-Technik in den Fünfziger-Jahren
Die folgenden beiden S/W-Bilder zeigen Ernst Becker, der nach seinem
Studium von 1949 an beim technischen Dienst der saarländischen Post angestellt war. Ab 1952 arbeitete er im Funkhaus von Radio Saarbrücken in der Wartburg als Toningenieur. Daneben arbeitete er in seiner Freizeit in einigen Kinos als Filmvorführer: im Gloria-Palast
und im UT (Union-Theater) Saarbrücken, sowie im REX und Metropol
in Burbach. Er übernahm dort jeweils die Vertretung, wenn die hauptberuflichen Vorführer ihren freien Tag hatten.
Auf dem ersten Bild weiter unten sehen wir ihn 1950 an einem der beiden Ernemann-Projektoren des Burbacher Metropol-Kinos. Das Foto weiter unten rechts
wurde 1952 im UT-Kino an einem Projektor der Fa. Eugen Bauer
gemacht.
Unten: Ausschnitt aus Ernst Beckers Arbeitskarte von 1952
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Filme wurden in den Kinos üblicherweise auf zwei meist nebeneinander stehenden Projektoren vorgeführt. Die
Bedienung erfolgte vom Zwischengang aus. Filme wurden in mehrere "Akte" aufgeteilt angeliefert, die
jeweils etwa 600 Meter lang waren und bis zu 22 min. liefen. Für einen Film
benötigte man also vier bis fünf Akte. Diese kamen früher in Blechdosen oder
Kartons verpackt an, später meist in Kunststoff-Runddosen. Der Vorführer
startete einige Sekunden vor dem Ende eines Aktes den zweiten Projektor mit dem
nächsten Akt und musste dann so genau umschalten, dass die Zuschauer den Übergang
nicht bemerkten. Dazu wurden Lichtklappen am Projektor oder vor dem Projektionsfenster
des Vorführraums benutzt, die den Strahlengang sperrten bzw. öffneten. Als Hinweise für Start und Überblendung waren
früher kurze Blinkzeichen (Aktwechselmarken) in die rechte obere
Ecke des Bildes einkopiert, die auch für die Zuschauer sichtbar waren. Deshalb hatte
jeder Projektorplatz auch ein
Beobachtungsfenster (siehe Bild
unten)
Ernst Becker erzählt:
Wir
hatten damals eine einmalige Taktik, die wir zuweilen anwendeten. Bei
der Erstaufführung eines Films lief dieser in zwei Kinos gleichzeitig -
mit "Aktversatz"! Die Anfangszeiten waren verschoben. Als der 1. Akt in
dem einen Kino zu Ende war, wurde er sofort mit einem Pkw zu dem
anderen Kino gefahren.Und so ging es
weiter, bis der Film zu Ende
war. Wehe es kam mal was dazwischen... es war reine Nervensache! Wir
haben zum Beispiel einmal im Gloria mit der Wartburg "gependelt", und
zwar mit dem Film "Nachtwache" mit Dieter Borsche in der Hauptrolle.
Die zweite Pendelei fand dann mit dem UT-Kino (früher Ufa-Palast)
statt,
ich glaube mit dem Marika-Rökk-Film
"Kind der Donau" (er
lief 1951 in Deutschland an). In Burbach wurde im Rex und im Volkshauskino
ebenfalls gependelt, und zwar mit der Wochenschau. Den genauen Grund
für das Pendeln weiß ich nicht mehr, entweder gab es nicht genug
Kopien, oder es sollten vielleicht Verleihgebühren gespart werden? (Fotos: Ernst Becker, Heckendalheim)
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In
den Projektoren wurden früher Lampen verwendet, die man als Kohle- oder
Lichtbogenlampen bezeichnet. In diesen befanden sich Kohlestäbchen,
die horizontal
aufeinander
zugeführt wurden. Wegen des
Abbrands der Kohlen musste man ihren Abstand ständig nachregulieren,
damals noch von Hand, später mit Hilfe eines Automaten. Da sich der
Brennpunkt durch den ungleichmäßigen Abbrand ebenfalls verschob, musste
er für beste Lichtausbeute ebenfalls nachgestellt werden. Dann trat die
Beck-Effekt-Kohle auf den Plan, eine wesentlich dünnere Anodenkohle,
die zur Erhöhung der Stabilität mit einem dünnen Kupfermantel
umgeben war. In ihrer "Seele" waren ein Effektsalz und andere Zusatzstoffe integriert. Sie brachte eine wesentlich höhere Lichtleistung, hatte allerdings auch einen höheren Stromverbrauch.
Ernst Becker berichtet von einer Aktion, wegen der er Ärger mit seinem Chef bekam:
Bei
der Premiere des Films "Der Dieb von Bagdad" ließ er den letzten Akt
mit der neuen, wesentlich helleren Beck-Kohle laufen, die probeweise
schon im Vorführraum lag. Ein Raunen ging durch das Publikum: So ein
helles Bild hatten sie im Kino noch nicht gesehen.
Beckers Chef aber war sauer auf ihn, weil er die Lampe eigenmächtig und
ohne seinen Auftrag eingesetzt hatte.
Karl Presser ergänzt zum Thema Filmtechnik:
Im
Oktober 1953 schreckte das in den USA eingeführte Farbfernsehen die
amerikanische Filmindustrie auf. Sie versuchte, dieser richtig
eingeschätzten Bedrohung mit neuer oder verbesserter
Technik entgegenzutreten. Ziel war die Einführung von
Breitbildverfahren
mit Mehrkanalton.
Durchsetzen konnte sich
letztendlich auf breiter Front das im September 1953 erstmals bei einer
öffentlichen Vorführung gezeigte CinemaScope-Verfahren. Das Seitenverhältnis
war 2,55:1. Aufgenommen und vorgeführt wurde auf dem üblichen 35 mm breitem
Filmmaterial. Den Breitbild-Effekt erzielte man dadurch, dass bei Aufnahme und
Wiedergabe Vorsatzlinsen (Anamorphoten)
zum seitlichen Stauchen und späteren Verbreitern des Filmbildes verwendet
wurden. Für den Magnetton waren vier Kanäle (Spuren) auf den Vorführkopien untergebracht,
wodurch Bild und Ton im Kino zwangsweise synchron liefen.
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Im Gegensatz dazu verwendete
ab 1955 das Todd-AO-Verfahren einen 65 mm breiten Film für die Aufnahme. Dieser
wurde später für die Vorführung auf einen 70 mm breiten Film umkopiert, der mit
sechs Magnetspuren für den Ton versehen wurde. Das Verfahren erforderte
besondere Projektoren und stark
gekrümmte Bildwände. (Abbildung links aus Wikipedia. Autor: Magica)
Die Rechte am System, das nach Michael Todd, einem
Filmproduzenten und Ehemann von Liz Taylor, benannt war, hatte 20th Century Fox. Die Kameras waren schwer und
teuer, das Arbeiten mit den beiden unterschiedlichen Filmformaten verursachte
weitere Kosten.
Anfang
der 60er Jahre erwarb Panavision die Rechte und führte CinemaScope als
Panavision und Todd-AO als Super Panavision weiter. Die erfolgreiche
Geschäftsidee der Firma war, zur Einsparung von Kosten die zur
Produktion eines Filmes benötigte Technik an die Studios zu
vermieten.
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Bis
Ende 1956 waren in
Saarbrücken Passage-Kino, UT, Scala und Gloria-Palast für
CinemaScope-Vorführungen ausgerüstet. Es dauerte nur rund ein Jahr
länger, bis fast alle
Kinos nachgerüstet waren. Bei Billiglösungen wurde auf der alten,
schmalen Bildwand einfach
das Breitbild per Vorsatzlinse vorgeführt. (Einen ähnlichen Eindruck
vermittelten viel später 16:9 Filme auf 4:3 Fernsehern.)
Todd-AO-Filme konnte man nur im
Gloria Palast in Saarbrücken, später auch im Theater am Ring in Saarlouis und in der
neu gebauten Filmbühne in Völklingen bestaunen.
In
Kinos mit Bildwandbreiten bis zu 16 Metern bei CinemaScope wurden auch
Xenon-Hochdrucklampen eingesetzt. Die Projektoren waren luftgekühlt.
Charakteristisch sind die dicken Abluft- und Abgasleitungen an der
Oberseite des Lampengehäuses (siehe Bild oben links). Das
Bildfenster mancher Projektoren hatte sogar Wasserkühlung. Trotzdem
durfte der
Film
nicht stehen bleiben, damit er nicht durch die Hitze beschädigt wurde.
Da die Kohlen eine Brenndauer von etwa 45 Minuten hatten, musste man
sie danach wechseln. Beim Einatz von Xenonlampen entfiel der
Kohlewechsel. Deshalb konnte man nun endlich mehrere Akte auf größere
Filmspulen oder Teller hintereinander kleben (“koppeln“). Die
Bestrebungen, den Kinobetrieb in Multiplex-Kinos weitgehend
zu automatisieren, führten in den 70er Jahren zum Einsatz von
Endlostellern, die
ein Rückspulen des Filmes überflüssig machten.
Lichtspieltheater wurden in den 50ern wegen ihres “Kinotons“ geliebt. Da
leistungsstarke Röhrenverstärker fast unerschwinglich waren, verwendete man neben besonderen Hochtonhörnern auch
für tiefe Frequenzen große Hornlautsprecher, weil diese einen hohen
Wirkungsgrad hatten. Man baute sie hinter den eigens dafür perforierten
Bildwänden ein. Der Ton sollte ja aus der Bildmitte kommen. Das übliche
Tonformat der Filme war der einkanalige Lichtton. In
modernen, großen Kinos wurden bereits Breitwandfilme mit
Vierkanal-Magnetton
(rechter, linker, Mitten-, Effekt-Kanal) vorgeführt. Die Kopien dieser
Filme waren teuer in der Herstellung
und mussten wegen der empfindlichen Tonspuren sorgfältig behandelt
werden.
Die eingesetzten technischen Verfahren wurden meist
im Vor- oder Nachspann erwähnt, galten sie doch häufig als Qualitätskriterien. Bekannt sind beispielsweise
CinemaScope für das Bild, Technicolor für die Farbe, ARRI für die Kameras, Klangfilm
für das Tonsystem, und oft tauchte auch der Name des Kopierwerks auf, wie etwa
Geyer-Werke.
Ausblick: Das Aus für den 35-mm-Kinofilm in Europa ist absehbar.
Grund dafür sind hohe Kosten für Herstellung und Transport der Kopien bei
gleichzeitig schlechterer Qualität. Das Leben einer Filmkopie ist ohnehin
endlich. Sie verschleißt, wenn sie abgespielt wird, sie verrottet, wenn sie zu
lange aufgespult und nicht richtig klimatisiert gelagert wird. CinemaScope-Filme
mit Magnetton können bereits nicht mehr als Originalkopie aufgeführt werden. In
Deutschland werden immer weniger Filme im 35-mm-Format verliehen.
Produziert und bearbeitet werden sie heute überwiegend digital. Ernst Becker könnte sich freuen. Musste er damals
im Bildwerferraum schwitzen, so ist dieser heute für den Digitalprojektor
klimatisiert.
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Die Annonce vom Passage-Kino weiter oben haben wir einer Ausgabe der Saarbrücker Zeitung vom Juli 1956 entnommen.
Verwendete Literatur zur Projektorentechnik: Eugen Bauer GmbH, KinotechnischesTaschenbuch, September 1955.
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