Einführung: Straßenbahnen im Saarland (Text: Karl Presser)
Bereits 1891 ging die erste Dampfstraßenbahn im Gebiet
des heutigen Saarlands in Betrieb. Sie fuhr von St. Johann über Malstatt und
Burbach nach Luisenthal und kurze Zeit später auch in östlicher Richtung bis
Brebach. 1899 wurde die Strecke zwischen Saarbrücken und St. Arnual eröffnet, auf der man von Anfang
an elektrischen Antrieb verwendete. Im
gleichen Jahr begann man auf der St.
Johanner Seite mit der Umstellung von Dampfkraft auf elektrische Energie.
In Neunkirchen nahm 1907 eine erste Straßenbahnlinie ihren
Betrieb auf, 1909 folgte Völklingen. 1913 stellte Saarlouis seine 1897
gebaute Dampf-Kleinbahn auf elektrischen Straßenbahnbetrieb um. Diese Bahn
fuhr, wie auch die in Neunkirchen, auf Normalspur (1435 mm). Saarbrücken und
Völklingen benutzten dagegen die für Straßenbahnen typische Meterspur. Da auch
die Forbacher Tram diese Spur verwendete, konnte man sie während der deutschen
Besetzung Frankreichs von 1941 bis 1944 an der Goldenen Bremm direkt mit dem
Netz der Saarbrücker Bahn verbinden.
Ende der 1940er-Jahre hatten die saarländischen
Straßenbahnnetze ihre größte Ausdehnung erreicht. Ein durchgehender Betrieb von
einem zu einem anderen Netz war allerdings nur zwischen Saarbrücken und Völklingen möglich. Die meterspurige Saarbrücker Straßenbahn endete im Nordosten
in Spiesen. Wer von dort aus nach Neunkirchen weiter wollte, musste zu Fuß die
Straße überqueren und in die Normalspur-Fahrzeuge der Neunkircher Straßenbahn AG umsteigen.
(Siehe Bild: Links die Neunkircher Bahn mit Zielschild "Schlachthof", rechts die Saarbrücker Bahn.)
(Foto: Peter Böhm, Sammlung Reuther; © Historischer Verein Neunkirchen)
Ziel der französischen Verkehrspolitik war es bereits vor dem
zweiten Weltkrieg, die Straßenbahnen vollständig abzuschaffen. Der Bau von
Fahrzeugen wurde dort 1942 eingestellt. In Paris war schon 1938 die letzte Bahn
gefahren, und auch nach dem Krieg setzte Frankreich diese Politik unverändert
fort.
Deshalb wurde für die Verkehrsbetriebe im Saarstaat die
Beschaffung von Ersatzteilen zunehmend schwieriger. Sie fuhren schon immer ein Sammelsurium aller möglichen Fahrzeuge deutscher und französischer Herkunft. Bis zum Tag X konnten im Saarland keinerlei neue Fahrzeuge beschafft werden. Es gab dafür weder Devisen noch Hersteller in Frankreich. So gelangten abgestellte Wagen aus Lille, St. Avold und Strasbourg nach Saarbrücken, und die vorhandenen alten, aber robusten Trieb- und Beiwagen wurden fortlaufend repariert, aufgearbeitet oder umgebaut.
Typisch ist, dass alle saarländischen Triebwagen Zweirichtungs-Wagen
waren. Sie konnten von beiden Fahrerplätzen aus gefahren werden. Auch die ab
1961 nach Neunkirchen gelieferten neuen Gelenkwagen der Maschinenfabrik
Esslingen waren so gebaut und hatten deshalb Ein- und Ausstiege auf beiden Seiten. Aus demselben Grund gab es auch nur sehr wenige Wendeschleifen in den saarländischen Straßenbahnnetzen. Beim Fahren mit Beiwagen waren stattdessen an den Endhaltestellen Ausweichgleise zum Umsetzen der Triebwagen erforderlich. Weil man dabei jeweils von Hand entkuppeln, die Weichen umstellen und wieder ankuppeln musste, war diese Betriebsart beim Fahrpersonal wenig beliebt.
Probleme machte auch die Beschaffung des speziellen Schienen- materials für die Innenstädte: Da die Gleise dort bündig in den Straßenbelag eingebaut waren, benötigte man Rillenschienen, die importiert
werden mussten.
(Siehe Bild: Gleisbauarbeiten in der Saarbrücker Bahnhofstraße.)
(Foto: Walter Barbian: http://www.saarlandarchiv-walter-barbian.eu)
Schon 1948 wurden die ersten Straßenbahnlinien im Saarland auf Trolleybus-Betrieb umgestellt. 1959 fuhr die letzte Straßenbahn in Völklingen, 1960 in
Saarlouis; die Kleinbahn von dort nach Creutzwald wurde 1961 stillgelegt. 1965
endete der Straßenbahnbetrieb in Saarbrücken und schließlich 1978 auch in
Neunkirchen.
In den 1990er-Jahren wurde die Straßenbahn im Raum
Saarbrücken als „Stadtbahn“ nach Karlsruher Vorbild wiederbelebt. Ihre Fahrzeuge
mit Regelspur fahren sowohl mit dem 15 kV Bahnstromsystem der Deutschen Bahn auf
deren Gleisen als auch auf eigenen Trassen mit der für Straßenbahnen üblichen
Gleichspannung von 750 V.
-----------------------------------------
Literatur: Kochems, Michael/Höltge, Dieter: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland, Band 12: Rheinland-Pfalz/Saarland, EK-Verlag 2011
|