Die wirtschaftliche
Entwicklung im Saarstaat spiegelte sich
in den steigenden Zulassungszahlen von Kraftfahrzeugen
wieder. Einerseits waren Schwerindustrie und Spediteure im Fernverkehr
angewiesen auf die typischen LKW, damals fast immer mit langer
Schnauze, die
auf dem französischen Markt von Herstellern wie Berliet, UNIC, Renault,
Somua, LATIL, Willème, Bernard oder Panhard zollfrei gekauft werden
konnten. Außerdem gab es Möglichkeiten, innerhalb der zur Verfügung
stehenden Kontingente und Devisenzuteilungen Fahrzeuge oder
Fahrgestelle auf dem deutschen Markt zu beschaffen, die dann von
lokalen Karosseriefirmen komplettiert oder veredelt wurden.
Andererseits wurden
viele Güter mit der Bahn als Stückgut zu ihrem Bestimmungsbahnhof
transportiert
und mussten dann auf der Straße weiter befördert werden. Darüber hinaus
war der
Handel weitgehend zweistufig über Groß- und Einzelhandel organisiert,
was regen
Verteilverkehr mitleichten Nutzfahrzeugen notwendig machte. Das steigende Bauvolumen verlangte ebenso
bessere Transportmöglichkeiten von den beteiligten Handwerkern.
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Von vielen PKWs gab es besondere Versionen für Handel und
Handwerk, im Saarland wurden sie umgangssprachlich "Kombi" genannt.
Sie trugen markenspezifische Bezeichnungen, je nachdem,
ob mit geschlossenem Heck, kleinem oder großem hinteren Seitenfenster, oder - wie bei der 11 CV Commerciale von Citroën - als eine verlängerte Limousine mit großer Heckklappe und drittem Seitenfenster.
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Links:
Beispiel für einen solchen Citroën-"Kombi": eine 11 CV Commerciale.
Mehr über diese Citroën - Fahrzeuge finden Sie auf unserer Seite Traction Avant. (Foto: Stefan Haas, www.blitzlichtkabinett.de)
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Simca
wählte z.B. für die Kombi-Versionen seiner Aronde 9 die Namen Messagère
(geschlossen), Commerciale (mit kleinem Seitenfenster) und Châtelaine
(große Seitenscheiben).
Die als Familiale
angebotenen Fahrzeuge hatten meist zwei normale Sitzreihen und als dritte, mittlere
Reihe, zwei Klappsitze, also insgesamt sieben Sitzplätze. Citroën brachte noch einen Klappsitz mehr unter.
Die Ford-Vedette
hatte in der seltenen Version "Abeille" eine unveränderte Karosserie,
jedoch eine große geteilte Heckklappe und keinen Chromschmuck.
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Da
sich
die Frage nach einem Zweitwagen noch nicht stellte, waren Kombis - die
vollständig geschlossenen Versionen (tôlées) ausgenommen - bestens dazu
geeignet, während der Woche einerseits als Arbeitstier herzuhalten und
andererseits am Wochenende eine Sonntagsausfahrt zu ermöglichen.
Die
Pritschenversionen
(Camionnettes) mit Plane und Spriegel waren besonders bei Klempnern und
Dachdeckern beliebt, weil man in ihnen, nach Öffnen einer Ecke der
vorderen Plane, auch lange Wasserleitungsrohre und Dachrinnen
komfortabel transportieren konnte. Außerdem
war der Transport von Heizungsöfen und Badewannen damit sehr einfach.
Eine
starke Verbreitung in der Landwirtschaft, wie in Frankreich, fanden die
Pritschen allerdings im Saarland nicht.
Foto: eine Peugeot 403 Camionnette bâchée (= mit Plane)
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In der jungen
Bundesrepublik entwickelte sich der Volkswagen-Transporter Typ 2, liebevoll „Bulli“ genannt, ab 1950
zum großen Renner. Die Vorgaben bei seiner Entwicklung waren, weitgehend die Konstruktionsmerkmale
des Käfers einzuhalten. Außerdem sollte die Infrastruktur der Werkstätten, wie
etwa Hebebühnen, ohne Änderungen auch für den Bulli benutzt werden können. Mit 25 PS bei 800 kg
Nutzlast waren die Fahrleistungen eher bescheiden. Aufgrund des Entwicklungsansatzes hatte man den luftgekühlten Boxermotor im
Heck belassen und damit keine Chance auf einen ebenen Laderaum, was die
Konstrukteure durch den Einbau einer doppelflügeligen seitlichen Klapptür zu
kompensieren versuchten. Im Saarstaat wurden diese mit hohem Zoll belegten
deutschen Fahrzeuge allerdings selten zugelassen.
In Frankreich saßen die
Renault-Ingenieure mit ihrem 4 CV ebenfalls in der Heckmotor-Klemme. Sie wählten
jedoch einen anderen Weg und umgingen das Problem mit Hilfe einer geringeren
Nutzlast, indem sie einerseits den Juvaquatre mit zunächst 250 kg und später mit 300 kg
Nutzlast weiterbauten. Andererseits hatten sie für größere Lasten bereits 1946 einen
neuen Lieferwagen mit 1000 kg Nutzlast auf die Räder gestellt.
Da das Marketing noch
nicht stark ausgeprägt war, hatte dieses Fahrzeug keinen Namen, aber es
war als Renault Camionnette 1000 kg eindeutig zu identifizieren.
Bereits 1947 erweiterte Renault sein Programm um eine stärkere Version mit 2500 kg Nutzlast, den
“Camion léger“. Er ist an der Zwillings- Bereifung der Hinterachse und an den
auffälligen mehrteiligen Rädern (Trilex-Radsystem)
zu erkennen. Da die Fahrzeuge sowohl in Kurz- als auch in Lang-Version
geliefert werden konnten und ein Fahrgestell mit Fahrerhaus im Programm war,
tauchten sehr viele Varianten am dem Markt auf, angefangen von der schlichten
Pritsche, sogar mit Kipper, über die Version mit Plane und Spriegel, über
Tankfahrzeuge und Abschleppfahrzeuge bis hin zu Feuerwehr-Drehleitern. Die konventionelle
Konstruktion mit Rahmen und Heckantrieb ließ eine Vielzahl von Varianten zu.
Warum bei Sonderaufbauten oft auch die Nutzlast erheblich
anstieg, wird wohl ein Geheimnis der damaligen Zeit bleiben. Direkter
Konkurrent, allerdings weniger erfolgreich, war der Hotchkiss LP25, ebenfalls
ein 2,5-Tonner.
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Auch Citroën
mischte mit seinem Typ 23 in dieser Gewichts- klasse mit. Die
Vorkriegskonstruktion aus dem Jahr 1935 hatte mit abgesetzten
Kotflügeln
und den großen Citroën-Winkeln am Kühler eine gewisse, wohl
beabsichtigte
Ähnlichkeit mit den Traction-Modellen (siehe Foto; zum Traction siehe auf unserer Seite Traction).
Foto: © Berthold Werner
1953 wurde die
Baureihe überarbeitet und erhielt ein modisches, abgerundetes Fahrerhaus nach
amerikanischem Muster, mit Knubbelhaube und integrierten Kotflügeln. Opel,
Hanomag und andere Hersteller folgten ebenfalls diesem Design.
Man konnte in ihm in allen Lebenslagen gefahren werden - von der Wiege (als
Krankenwagen) bis zur Bahre (als Bestattungs- wagen mit
und ohne Seitenfenster). Da die
Geschäfte für Renault mit dem 1000 kg gut liefen, wurde 1950 eine Version mit 1400 kg
Nutzlast nachgeschoben. Außerdem argwöhnte der Wettbewerb, dass Renault als
verstaatlichtes Unternehmen bei der Zuteilung des knappen Karosserieblechs
bevorzugt würde. Die resultierende
stetige Lieferfähigkeit und die Vielseitigkeit des Programms trugen sicher zum Erfolg
der Marke auch im Saarland bei.
Die Fahrzeuge mit ihren Benzinmotoren galten als zuverlässig, aber trinkfreudig: 18 bis 20 Liter auf
100 km waren nicht ungewöhnlich. Dieselmotoren des
Typs Indenor wurden, wie auch bei Peugeot und Citroën, erst ab ca. 1959 von Renault
angeboten.
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Die Fahrzeuge stießen
auch beim Militär auf Interesse. So gab es ab 1952 eine Allradversion als
Pritsche mit 750 kg Nutzlast und später, mit Stoffverdeck und klappbarer
Windschutzscheibe, eine reine Militärversion. Auch der geschlossenen Ausführung
blieb dank lieferbarem Allradantrieb der Kriegseinsatz in Indochina und Algerien nicht erspart, wenn auch
oft als Sanitätsfahrzeug. Die Allradversion wurde auch häufig zivil bei Post,
Bahn, und Energieversorgern eingesetzt.
Erst 1959 erhielt der
2500 kg offiziell laut Renault-Prospekt den Namen Galion. 1960 wurde aus dem
1000 kg der Voltigeur und aus dem 1400 kg die Goélette.
Für eine frühere Namensgebung, gerüchteweise schon im Jahr 1957, gibt es keine belastbaren
Nachweise.
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In direktem Wettbewerb zu
den leichteren Renaults standen ab 1948 Citroën
mit seinen H-Modellen und ab 1950 Peugeot mit
seinem D3 mit 203-Mechanik, später D4 mit 403-Mechanik (sh. Bild links). Der
charakteristische Kühlervorbau zur Verkleidung des vorderen Motorteils (in Frankreich „néz de cochon“ genannt; siehe auch unter Chausson) war notwendig,
weil die Karosserie- Konstruktion ursprünglich vom übernommenen Hersteller Chenard &
Walcker stammte und für einen kürzer gebauten 2-Zylinder- Zweitakt-Motor
vorgesehen war. (Foto: © Arnaud 25)
Die beiden Wettbewerber
hatten, im Gegensatz zu den Renaults, Frontantrieb, der H sogar eine
selbsttragende Karosserie. Die H-Modelle basierten technisch auf dem Traction
11 CV, wurden später Kult und schlugen mit einer Laufzeit von mehr als 33 Jahren
die Konkurrenten um Längen. Aus der langen Modell- Laufzeit resultieren
vielfältige Varianten und Nutzlasten zwischen 850 kg und 1600 kg.
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Alle drei Fabrikate waren
auch bei Polizei, Post, Behörden und Rettungsdiensten weit verbreitet.
Verkaufswagen mit linker
Seitenwand zum Hochklappen waren auf allen Märkten und Messen präsent und
versorgten Dorfbewohner mit den Waren des täglichen Bedarfs. Unvergessen bleibt
auch ihre Rolle als Gefangenentransporter in vielen französischen Krimis.
Bei Renault hatte man als
Kombi den Vorkriegsentwurf Juvaquatre im Programm, der mit seinen 300 kg dem
aus der gleichen Zeit stammenden Simca 8 mit 500 kg Nutzlast unterlegen war.
Renault baute auch eine Magerversion ohne die charakteristischen Lüftungsklappen
an der Seite vor der Tür, die für die PTT ohne Beifahrersitz ausgeliefert
wurde. Alle Karosserievarianten waren ansonsten für diese Fahrzeuge zeittypisch
lieferbar, wie vorstehend bereits beschrieben.
Ein Citroën Typ H (Foto: Sammlung Torsten Gatzke)
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Der Simca 8 wurde 1951 nach
Aufkündigung der Kooperation mit Fiat von der neu konstruierten Simca 9 Aronde
abgelöst, allerdings wurde der Motor des 8 unverändert übernommen. Sowohl die
hinten verglasten Kombi-Versionen von Renault als auch von Simca unterschieden
sich von den Mitbewerbern dadurch, daß sie, entgegen gutem französischem
Brauch, nur dreitürig waren. Der Aronde spendierte man eine horizontal geteilte
Heckklappe, was viele Gewerbetreibende zum Einbau eines Zwischenbodens animierte, der den
unteren Teil des Laderaums abdeckte. Damit war auch bei der rundum
verglasten Châtelaine wochentags nicht die
Ladung sichtbar. Außerdem gab es eine Commerciale-Version mit kleinem
Seitenfenster und Rückbank, in dieser Ausstattung geeignet auch für den
Sonntagsausflug eines Gewerbetreibenden mit Familie.
Peugeot hatte
unverdrossen sein Modell 203 bis 1959 im Programm, obwohl der 403 Kombi bereits
1956 vorgestellt worden war. Der 1,3-l-Motor des 203 leistete erst 42, später
45 PS. Neben dem komfortabel ausgestatteten fünftürigen (Break) Familiale mit 7
Sitzen und einer Commerciale mit 5 Sitzen gab es geschlossene dreitürige
Fahrzeuge: Fourgonnette 400 kg und Fourgon 600 kg. Die Camionnette (mit Pritsche)
hatte 800 kg Nutzlast. Es waren auch ein Fahrgestell mit Fahrerhaus lieferbar und
ab Werk sogar ein Krankenwagen.
Der Peugeot 403 brachte
keine neuen Karosserie-Varianten mit sich, war aber mit einem stärkeren
1,5-l-Motor und 58 PS ausgerüstet. In die Automobilgeschichte ist der 403 als
das erstes französische Fahrzeug eingegangen, das auf Wunsch von einem Indenor-Dieselmotor
mit 1,8 l Hubraum und 48 PS angetrieben wurde. Die Dieselfahrzeuge landeten im
Alter fast ohne Ausnahme irgendwo in Afrika.
Seltene Exemplare, etwa
von Panhard, die sich auch mit einer Camionnette versuchten, waren auf dem
saarländischen Markt von untergeordneter Bedeutung. Dies gilt ebenso für die
Commerciale-Versionen des 11 CV und der Vedette.
Eine Art "Mini-Kombi" war der Citroën 2 CV AU (bzw. später AZU), genannt Kastenente (auf dem Bild rechts im Vordergrund zu sehen). Er erlangte wie der 2 CV in Normal- Ausführung (ein solcher steht dahinter) seine kultige Bedeutung erst später. Mit 250
kg
Nutzlast bot er viel Raum bei wenig Zuladung - siehe auch unsere Sonderseite zum 2 CV!
Das machte ihn allerdings zu
einem beliebten Fahrzeug z.B. der Radio- und Fernsehtechniker. Offenbar hat aber der
minimalistische Ansatz des Basis-Modells anfangs nur wenige begeistert. In
frühen Jahren wurde z.B. der Scheibenwischer von der Tachowelle angetrieben; im
Stand, bei Regen an der Ampel, war daher Handbetrieb angesagt, und die Sitze,
bespannten Gartenstühlen ähnlich, waren auch nicht Jedermanns Sache.
(Foto: Sammlung Beyermann - ARCHIV_REDUIT)
Einem
Gerücht nach
lautete das erste Anforderungsprofil des 2 CV wie folgt: Das Fahrzeug
muss vier
Türen haben und möglichst billig in Anschaffung und Unterhalt sein. Und: Ein Bauer
mit
Stiefeln kann in ihm gemeinsam mit der Bäuerin einen Sack Kartoffeln zusammen
mit einem Korb voll Eiern unbeschädigt über schlechte Straßen
transportieren.
Diese Fahrzeuge waren
häufig auf den Straßen anzutreffen, aber sie waren nicht die ganz großen Renner. Es
könnte sein, daß sie den Saarländern, verglichen mit den Renaults, zu
"französisch" erschienen. Deshalb griffen sie lieber zu
Crèmeschnittchen und Juvaquatre.
Nahezu alle diese Lastesel
sind untergegangen. Die, die nicht im täglichen Einsatz gnadenlos zu Tode geritten wurden, brachten die
mangelhafte Rostvorsorge der Hersteller, der gnadenlose TÜV und die exzessive
Anwendung von Streusalz in den 60ern auf den Schrottplatz. Es waren alltägliche
Autos, die am Ende nur noch entsorgt werden mussten. Heute, so meint die
Zeitschrift „Oldtimer Markt“, ist es möglicherweise einfacher, ein Peugeot 403
Cabrio zu finden als eine Fourgonnette des gleichen Typs.
Nach 1959 eroberten im Saarland, wie
zu erwarten war, schnell deutsche Fahrzeuge hohe
Marktanteile bei Kombis, Transportern und leichten Lastwagen; angefangen von Mercedes-Benz über
Ford und Opel bis zu Hanomag und VW, bei letzterem stand natürlich sofort der Bulli im Vordergrund.
Einige Fotos auf dieser Seite wurden mit frdl. Genehmigung folgenden Websites entnommen: fr.wikipedia.org und www.blitzlichtkabinett.de
Weitere Abbildungen der in diesem Text erwähnten Modelle sehen Sie auch auf den Seiten unserer Kapitel VERKEHR und POLIZEI.
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